Die Entwicklung der Blechblasinstrumente

Hohle Bambusrohre, Kuh-, Stier- oder Widderhörner dürften wohl als Urahnen aller Instrumente mit Kesselmundstück angesehen werden. Aber auch in der Bezeichnung Waldhorn, Althorn, Tenorhorn, Flügelhorn usw. blieb der Begriff "Horn" bis heute erhalten. Das Kuhhorn, dem die Spitze abgenommen wurde, gibt zwar Töne von sich, die jedoch ziemlich rau sind. Doch waren diesem primitiven Instrument einfache Signale und Rufe zu entlocken. Auch aus den Stoßzähnen des Elefanten wurden auf dieselbe Weise Blasinstrumente verfertigt (Olifant). Wie allerdings damit "geblasen" wurde, ist schwer nachzuvollziehen. 


 Germanische Lure (Bronze) 2000 v.Chr.
Die Luren sind die ältesten der mit Kesselmundstück gebauten Blasinstrumente. Sie stammen aus der späteren Bronzezeit und wurden hauptsächlich in Skandinavien und Norddeutschland gefunden. Sie wurden bei Ausgrabungen stets paarweise gefunden, weshalb eine Zweistimmigkeit den alten Germanen bekannt gewesen sein könnte. Sie besaßen bereits Kesselmundstücke. 

Die Tuba (nicht zu verwechseln mit der heutigen Basstuba) war das Signalinstrument der alten Römer. Es war ein langgestrecktes (weitmensuriertes) Trompeteninstrument, das in verschiedenen Längen gebaut wurde. Auch die Priester bedienten sich bei kultischen Handlungen der Tuben. 

Auf diesen Instrumenten konnten nur die   Naturtöne auf dem Grundton überblasen werden. Die ersten Blechinstrumente, die auch andere Obertonreihen zuließen, sind die Zugposaunen, die im 15. Jh. entstanden. Wahrscheinlich hat sich die Posaune aus der römischen buccina und der Busine entwickelt. Zugposaunen wurden im Mittelalter familienweise gebaut: Diskant-, Alt-, Tenor- und Bassposaune, von denen die Tenorposaune in B als einzige bis zum heutigen Tage im Gebrauch blieb.
    

                       Oben: "Quart-Posaunen"  
                  unten: "Rechte gemeine Posaun" = 
     damals "normale" Posaune
(Praetorius, 1619)  
  

         
       "Jäger-Trommer" (Praetorius 1619)

Gewundene Waldhörner können schon im 14. Jahrhundert nachgewiesen werden. Sie gehen zurück auf die römischen Typen: Tuba, buccina, cornu. Zur Familie der Naturhörner gehören das heute noch lebendige Alphorn, ferner das Post-, Jagd- und Signalhorn. Bis in die Gegenwart noch gesungene Lieder, wie: "I fahr, i fahr, i fahr mit der Post" oder "Die Schützen kommen da" u. v. a., stammen aus der Zeit der Naturhörner.

Im 11. Jahrhundert kam die Busine, ein trompetenartiges Blechinstrument, nach Europa. Aus dieser ging die Naturtrompete hervor, die schon im 16. Jahrhundert die gewundene Form aufwies. Die Clarintrompeten der Bachzeit standen in D; im 18. Jahrhundert kam die Es-Stimmung auf. Um in den verschiedensten Tonarten blasen zu können, schufen die Dresdner Instrumentenmacher Hampel und Werner für Hörner und Trompeten Bogenstücke (Stimmbögen), die als Züge in die Instrumente eingeschoben wurden und dadurch - je nach ihrer Länge - den Instrumenten andere Stimmungen gaben. Diese Instrumente nannte man Inventionshorn bzw. Inventionstrompete (Invention = Erfindung). (Z. B. A-Züge für B-Trompeten, wie sie heute noch üblich sind.)


    von oben nach unten: Tenor-Zink, 
 "Recht Chor Zink", "Klein Discant Zink" 
                (Praetorius, 1619) 
Die Zinken, von denen es gerade und krumme gab, waren aus Holz gebaute und mit Leder überzogene Instrumente mit Grifflöchern wie die Blockflöten, jedoch mit Kesselmundstück, das aus hartem Holz oder Elfenbein gefertigt war. Gebaut wurden die Zinken in vier verschiedenen Größen (Sopran-, Alt-, Tenor- und Basszink). Der Basszink, wegen seiner gewundenen Form Serpent genannt, konnte sich bis ins 19. Jahrhundert hinein behaupten, bis er von der Ophikleide, einem Klappenhorn mit Kesselmundstück, verdrängt wurde.

Den Klang der Zinken muss man sich etwa zwischen dem einer Oboe und dem einer Trompete stehend vorstellen. Ihr Ton war ziemlich dünn, weil die Bohrung des Mundstückes nur wenige Millimeter weit war. 


                        Klappenhorn
Das Klappenhorn war ein weiterer Schritt (1770) zum Ziel, die Blechinstrumente "chromatisch" spielbar zu bauen. Die sechs Klappen des Instrumentes zu bedienen, war denkbar unhandlich, auch war die Qualität des Tones dem eines Naturhornes weit unterlegen. Es hatte jedoch den Vorteil, dass man ohne Stimmbögen einschalten zu müssen in den verschiedensten Tonarten Töne blasen konnte.

Eine entscheidende Änderung in der Entwicklung der Blechblasinstrumente trat erst durch die Erfindung der Ventile ein. Die Ventile (lat. ventus = Wind) wurden im Jahre 1813 von Blühmel erfunden. Im Jahre 1818 ließ sich der Berliner Waldhornist Heinrich Stölzl die von ihm verbesserten Ventile für Waldhorn patentieren. Was für die Zugposaunen seit Jahrhunderten durch das Ausziehen (Verlängerung der Luftsäule) erfolgte, war durch die Ventile von nun an auch für die übrigen Blechblasinstrumente möglich, nämlich das Ausfüllen der Naturtonskala zur chromatischen Tonleiter. Die ersten Ventile funktionierten in der Weise, dass sich durch das Betätigen eines Ventils eine Verlängerungsröhre ausschob (ähnlich wie bei der Posaune), wodurch eine andere Obertonreihe möglich wurde. 

Eine weitere Entwicklung waren die Pumpenventile (Perinet), denen dann bald die heute in Deutschland allgemein verwendeten Drehventile (Zylinder) folgten. Trompeten, Flügelhörner, Alt- und Tenorhörner werden mit drei Ventilen gebaut, während Tuben meist deren vier aufweisen. 
         
  
   Pumpenventile (Perinet)             Zylinder-, Drehventile
   
Der Berliner W. Fr. Wieprecht (1802-1872), der Reorganisator der preußischen Militärmusik, ist der Erfinder der Basstuba, die er im Jahre 1835 zusammen mit dem Instrumentenbauer Moritz konstruierte. Man muss dabei wissen, dass die Gesamtröhrenlänge der Tuba die stattliche Länge von ca. 550 cm beträgt. 
   
Die Tuba verdrängte schnell die bis dahin gebräuchliche Ophikleide, die sich als letzte der Klappenhörner behauptete.
  

Bild rechts: Bassophikleide,
Samml. E. Lange, RV

 

  

Wegen der unterschiedlich verlaufenden Schalltrichter am Intrumentenende lassen sich grob die eng mensurierten Blechblasinstrumente (in den Endtrichter schlank,  zylindrisch auslaufend wie bei der Trompete) von den weit mensurierten (konisch auslaufend in den Endtrichter wie das Flügelhorn) unterscheiden. Allerdings gibt es auch verschiedene Mischformen. Je enger die Messingröhre eines Instrumentes gebaut ist (Mensur = Maß), desto schärfer wird der Ton (Trompete, Fanfare, Posaune), und je weiter die Mensur ist, desto weicher wird der Ton (Flügelhorn, Bariton, Tuba).

Quellen
Buchner, Alexander - Meyer, Stefan - Praetorius, Michael - Schneider, Willy - Mende, Emilie

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