Franz Xaver Bucher (1760-1828)



(Bild im Stadtarchiv Wangen)

Franz Xaver Bucher wurde 1760 in Violau bei Zusmarshausen (Bayrisch-Schwaben) geboren. Die Musik war ihm in die Wiege gelegt, denn der Chorregent und Organist F. A. Schmöger war gleichzeitig sein Großvater und der des berühmten Komponisten und Klavierspielers Sixtus Bachmann. 1784 zog F. X. Bucher nach Wangen und erhielt dort die Stelle des Lateinschulmeisters, weil er bereit war, die um sieben Jahre ältere Witwe seines Vorgängers Jacob Grimminger zu heiraten, eine Bedingung, die heute wohl kein Lehrer mehr akzeptieren würde. Gleichzeitig erhielt er die Stelle als Musikdirektor und Organist an der St.-Martins-Kirche. Bucher war ein außergewöhnlich begabter Musiker und als Organist so gefragt, dass er nicht selten aus Anlass hoher Kirchenfeste zum Orgelspiel in die umliegenden Kirchen, ja sogar bis Kempten, Augsburg und St. Gallen eingeladen wurde.

Daneben war Bucher auch Komponist. Drei Werke von ihm wurden sogar beim Verlag Brentano in Bregenz gedruckt: zwölf Variationen für Klavier (verschollen), das Lied "Die Macht der Tonkunst" für Gesang und Klavier (1808) sowie "Herrn Christian Friedrich Schubarts Abschied an seine Gattin in einer Krankheit auf der Feste Hohenasperg, zum Singen beym Klavier durchaus in Musik gesetzt von Franz Xaver Bucher, Musikdirektor. in Wangen" (1810). Dieses Werk zeigt, dass Schubart, der in der Festung Hohenasperg wegen regimekritischen Äußerungen inhaftiert war, auch im Allgäu populär war, nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Liederkomponist. Vermutlich hat er auch Bucher musikalisch beeinflusst, ebenso wie der komponierende Memminger Gastwirt und Schubart-Freund Christoph Rheineck. Deutlicher aber ist im Hinblick auf die differenzierte Harmonik der Einfluss des damals berühmten Liederkomponisten Zumsteeg. "Schubarts Abschied" war Bucher so wichtig, dass er es auf seinem von Anton von Gegenbaur gemalten Portrait stolz in der Hand hält.

Auch für die Wangener St.-Martins-Kirche komponierte Bucher eine Reihe von Chorwerken. Rechnungen dieser Zeit beweisen, dass zur Begleitung der Wangener Kirchenmusik ein Orchester bestanden haben muss. Die Bläser, die er und sein Vorgänger ausgebildet hatten, bildeten sicherlich den Grundstock für die 1803 in Wangen gegründete Blaskapelle. Auch um die Wangener Sängerknaben der Lateinschule, die Patemistenknaben,  hatte er sich zu kümmern. Da die Knaben durch Stimmbruch immer wieder frühzeitig aus dem Chor ausschieden, bildete er - was damals sehr ungewöhnlich war - auch Mädchen zu Chorsängerinnen aus.

Leider sind alle seine Chorwerke, die er für St. Martin komponierte, verschollen. Noch um 1830 existierten im Noteninventar von St. Martin 16 Werke von ihm, unter anderem Chorlieder, eine "Missa pasteritia" (Hirtenmesse), ein "Hirtenkonzert" mit einem Hirtenhorn-Solo sowie ein Te Deum, daneben eine Reihe von Werken seines Vorgängers in Wangen, Jacob Grimminger, der ebenfalls komponierte, sowie rund 100 weitere Werke aus der Zeit zwischen 1770 und 1830. Alle diese Wangener Kirchenmusikwerke sind spurlos verschwunden.

Franz Xaver Bucher starb 1828. Seine Nachkommen waren ebenfalls bedeutende Persönlichkeiten. Sein Stiefsohn war Sänger und Hofschauspieler in Karlsruhe. Sein Sohn Franz Xaver, der schon als Knabe großes musikalisches Talent zeigte, wurde deshalb zur Ausbildung zu seinem Stiefbruder nach Karlsruhe geschickt. Später wandte er sich der Rechtswissenschaft und Philosophie zu und wurde Rektor des Gymnasiums in Ellwangen. 1844 erhielt er den Orden der Württembergischen Krone, weshalb er sich nun Franz von Bucher nannte, und seit 1851 war er Abgeordneter der Ständekammer.

Inzwischen sind andernorts einige Orgelwerke des Wangener Kirchenmusikers Franz Xaver Bucher wieder aufgetaucht. Eines seiner Präludien, das er vielleicht auch bei seinen Auftritten als Organist in Wangen und Umgebung spielte, erklang zum ersten Mal wieder in Wangen 1995 bei einem geistlichen Chorkonzert mit verschiedenen Chören unter der Leitung von Berthold Büchele. Dies sollte dazu beitragen, dass die Erinnerung an den großen Wangener Organisten und Komponisten Franz Xaver Bucher lebendig bleibt. Das geschieht ebenfalls weiter über den "Franz-Xaver-Bucher-Stipendienfonds", zu dem Martin Spangenberg aus Wangen, Soloklarinettist bei den Münchner Philharmonikern, den Anstoß gab, werden seit 1999 begabte Musikschülerinnen und Musikschülern finanziell unterstützt.

Sein Grab befindet sich auf dem alten Gottesacker ganz in der Nähe der Jugendmusikschule in Wangen.           

(nach Berthold Büchele)

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