Franz Winkler, Texter, Komponist und Interpret (1906-1962)

Sein Leben

Franz Winkler  wurde am 17. September 1906 in Sistrans, einem Tiroler Gebirgsdorf bei Innsbruck, geboren. Die Vorfahren waren alle Sänger gewesen. Die Mutter war als Tochter einer berühmten Sistranser Sängerin in Riga zur Welt gekommen. Die Sängergruppe Lechleitner aus Sistrans hatte nämlich nach Russland eine Konzertreise gemacht - ähnlich wie die Familie Strauß aus Wien - , bei der es zum Kontakt mit einem Fürsten gekommen war. Sein Vater, ebenfalls ein guter Sänger, war als Malermeister in Sistrans bekannt. So erlernte Franz nach der Schule das Maler- und Anstreicherhandwerk und war dabei recht geschickt. Doch bald widmete er sich ganz der Musik mit Klavier, Gitarre und Gesang. Sein jüngerer Bruder Rudolf erzählte von ihm, dass er schon in jungen Jahren seine geliebte Gitarre mit in den Wald genommen habe, um fleißig zu singen und zu musizieren. Hausmusik gab es häufig mit Vater, Mutter, Schwester Albertine und Hedwig. Und wenn die Winklers im Freien spielten, war schnell die ganze Nachbarschaft als Zuhörer zusammen gekommen. Bei der Malerarbeit habe er sich auch öfter entfernt, um in einem Gasthaus lieber Musik zu machen. Im Sommer mussten die beiden Buben auch den Bauern das Vieh hüten. So sei er später auf sein Lied, "Der Schäfer", gekommen. 

Als Sänger und Komponist feierte Franz Winkler dann schon 1930 in Buenos Aires seine ersten Erfolge. Dort in Argentinien hatte er seine beiden Brüder besucht. Es  plagte ihn aber fern von seinem schönen Tirol so starkes Heimweh, dass er ein Lied komponierte, das ihn später bekannt machen sollte: "Am Strande von Rio, da stand ganz allein ein blondes Mädel im Abendschein. Mein blonder Flieger, nimm mich hier fort, nimm mich in meinen lieben alten Heimatort. Fliege mit mir in die Heimat, fliege mit mir übers Meer, fliege mit mir in den Himmel hinein ..."

    

       Franz Winklers Geburtsort Sistrans

      

      Winklers Haus in Sistrans
 

     

       Trommelzieher und später als Bläser bei der    Musikkapelle Sistrans
 

Zurück in Tirol sang und komponierte er weiter und bildete 1939 zusammen mit seiner Schwester Albertine Seifert  zunächst das Duo "Geschwister Winkler", das bekannte Lieder ("Mein schönes Innsbruck am grünen Inn") und eigene Kompositionen auf Schallplatten mit eigener Gitarrenbegleitung sang. Dabei war auch sein Heimwehlied, "Fliege mit mir in die Heimat", in dem 1940 bei einer Aufnahme der "blonde Flieger" zum "deutschen Flieger" wurde.  Es wurde neben "Lili Marleen" das meistgespielte Lied des Soldatensenders Belgrad. Damit wurde es nicht nur an der Front schnell zu einem Schlager im deutschsprachigen Raum. Die junge Ingeborg Wendler aus Dresden schätzte diese Stimmen, die sie aus den sonntäglichen Wunschkonzerten des Rundfunks kannte. Durch Zufall kam sie 1942 nach Sistrans, dem Geburtsort Winklers, in dem seine Schwester Albertina wohnte. Dort war Franz Winkler - er war als Pionier an der Westfront eingesetzt - gerade wieder zu Besuch bei einem Fronturlaub. Bei einem gemeinsamen Spaziergang sang Franz von seinen Liedern, "Tirol, du Heimat der Berge", und Ingeborg begleitete spontan mit einer freien zweiten Stimme. Das war nicht nur der Start für das neue "Franz-Winkler-Terzett", denn 1943 folgte bereits die Heirat mit Ingeborg. 

Diese erzählte 2007 mit 84 Jahren noch  aus dieser Zeit folgende zwei Episoden: "Mein Mann war bei seinem Fronteinsatz durch einen Splitter in der linken Hand verwundet worden. Eine Operation war geplant, bei der aber feststand, dass sein Ringfinger steif werden würde. Es gab jedoch zwei Möglichkeiten: entweder gerade oder gekrümmt. Mein Mann entschied sich für die zweite, weil er damit hoffte, nachher noch Gitarre spielen zu können. Und das war dann auch so eingetreten" - "Wir sangen auch in Lazaretten. Einmal waren wir bei den Schwerstverletzten, für die es keine Rettung mehr gab. Sie waren mit dem Körper unter Wasser. Das war für uns Frauen so schrecklich, dass wir, zu Tränen gerührt, nicht mehr singen konnten. Da nahm uns mein Mann vor die Türe, prägte uns in aller Deutlichkeit ein, dass wir ja so nicht helfen könnten. Anschließend sangen wir unsere Lieder weiter. - Ja, er konnte recht streng mit uns sein."

In den letzten Kriegstagen kam Franz Winkler wieder an die Front, geriet in Gefangenschaft und kam auf abenteuerlichen Wegen wieder zu seiner Frau nach Innsbruck. Da seine Schwester Albertine in Lochau lebte, fand dort das "Winkler-Terzett" wieder zusammen. In Vorarlberg konnte das Trio wieder auftreten, da die französische Besatzungsmacht den "Volkssänger" schätzte. Bald folgten Aufnahmen beim Rundfunksender Dornbirn, und Franz Winkler brachte es sogar zu einer eigenen Sendung. 

 

             Seine Frau Ingeborg (links), Franz Winkler 
                           mit Schwester Albertine

Er ergänzte sein Terzett bei Aufnahmen und Konzerten durch seine Tochter Olga am Akkordeon zum "Franz-Winkler- Quartett". Für seine Schwester Albertina spielte auch verschiedentlich die Tirolerin Vroni Stöckel auf der Zither. Sie konnte ebenfalls vorzüglich jodeln. Sein "Fliege mit mir in die Heimat", das er auch in dieser Besetzung auch nach dem Kriege noch einmal aufnehmen ließ - der "deutsche Flieger" war wieder zum "blonden Flieger" geworden -, trat seinen Siegszug in die weite Welt an. Fünf verschiedene Interpreten brachten es damals auf Schellackplatten, bei denen  Lys Assia ebenfalls einen großen Erfolg landete. Schon 1947 war es in

Frankreich ebenfalls zum Schlager geworden und ist bis heute (2007) unter dem Titel, "Etoile des Neige" (deutsch: Edelweiß), in lebendiger Erinnerung.  

   

 
Nach dem Krieg war das junge Ehepaar 1947 nach Vorarlberg übergesiedelt, wo in Lochau, hoch über Bregenz mit einem herrlichen Blick auf den Bodensee, ein Haus gebaut werden konnte. 1948 entstand hier das Lied, "Die Fischerin vom Bodensee". Es war durchaus als Spaßlied gedacht, wie es auch der Text aussagt: ".... Kommt ein alter Hecht daher, übers große Schwabenmeer  ... der möchte auch noch ins Netz hinein ... Die Fische fangen an zu schwitzen ... die Nixen tanzen frohe Reigen ..." Dass hier sein wohl größter Erfolg geboren wurde, war nach den ersten Aufführungen bei Heimatabenden nicht zu        
erahnen. Das Lied wurde aber schnell zur tönenden Werbung für die ganze Region und ging beinahe um die ganze Welt. "Willow, will you weep for Me?", war der englische Titel. Lys Assia sang eine französische Fassung. 1956 wurde mit seinem deutschen Titel ein sehr erfolgreicher Heimatfilm am Bodensee gedreht. Franz Winkler selbst spielte allerdings nur eine kleine Nebenrolle als Dirigent der Sistranser Kapelle, die extra zu Aufnahmen nach Lindau gekommen war. Im Film spürt man die Sehnsucht nach einer heilen Welt wie in andern Heimatfilmen auch. Die Menschen waren noch geprägt  von den zurückliegenden Kriegsereignissen. 
  

Franz Winkler mit Schauspielerin Marianne Hold     
(1956) während der Aufnahmen zum Film     
"Die Fischerin vom Bodensee"
    

               

                           Plakat des Heimatfilms 

In den 50er Jahren war das "Winkler-Terzett" neben den Plattenaufnahmen auch mit Konzerten im Allgäu und weit darüber hinaus wohl bekannt. Bei einer Veranstaltung in Lindenberg wollte es der Zufall, dass sie dem Akkordeonisten und Interpreten Will Glahé begegneten, der damals seinen achtzigsten Geburtstag in der Schweiz feierte. Dessen Interpretation der "Fischerin vom Bodensee" war fast noch bekannter geworden als die eigene, so dass man Glahé fälschlicherweise schon als Autor bezeichnet hatte. Da die "Geschwister Winkler" stärker im Bewusststein der Leute waren als die neuen Bezeichnungen, kehrte man zur ursprünglichen Benennung wieder zurück.

Ein Programmblatt aus dieser Zeit ist uns mit seinem Autogramm erhalten (mit Bild unten):
 

          

          "Die Fischerin vom Bodensee", 
         der erfolgreichste Titel

                            Programmfolge
                                      1. Teil

Am Lindauer Hafen   Text und Musik Franz Winkler
Jodl-Solo
Zither und Guitarre
Rechts die Berge, links der See    "    "    "     "      "  
Die schöne Schwarzwaldjägerin    "    "    "     "      "  
Jodl-Duo
Instrumentaltrio
Tirol, du Heimat der Berge            "    "    "     "      "  
Jodl-Terzett
Zithersolist
Echo-Jodler
Fliege mit mir in die Heimat           "    "    "     "      "  
                                     

                               P a u s e 

                                2. Teil
Instrumentaltrio
Die Fischerin vom Bodensee  Text und Musik Fr.W.
Jodl-Solo
Zither und Guitarre
Innsbruck, du wunderschöne Alpenstadt  "  "  "   "  "
Jodl-Duo
Zither und Guitarre
Solo-Jodler
Alpenfrieden                                           "  "  "   "  "
Zither und Guitarre
Der Waldspecht                                      "  "  "   "  "
Jodl-Duo
Der Wetterprophet
Jodl-Solo
Der Rucksack                                         "  "  "   "  "
               
            Programm-Änderung vorbehalten
  
Neben seiner Komponisten- und Konzertaktivität startete Franz Winkler erste Versuche als Verleger seiner eigenen Kompositionen. So gab er eine Reihe von Einzeltitel im Selbstverlag heraus. Ohne  besondere Technikhilfe gestaltete Winkler seine Noten mit handschriftlichen Ergänzungen. Der Text ist mit Schreibmaschine eingetragen. Liebevoll sind von ihm selbst die Titelblätter gezeichnet, hier mit einer handschriftlichen Ergänzung: "In bleibender Erinnerung an Lindau, Sommer 1959, Winkler".              

                          Franz Winkler (Gitarre) mit 
                                Tenor Josef Stolz

   
  

In den Strophen 2 und 3 schreibt er eigentlich von sich selbst:
Mich kennt die ganze Gegend hier 
als frohen Musikant 
und reicht man einen Humpen mir, 
dann spiel ich auf zum Tanz. 
Und wenn der Wein zur Neige geht, 
dann summ ich vor mich hin:
Refrain: Wenn der See so grünlich ist,
dann wird das Wetter schlimm,
ist er aber himmelblau,
dann wird es wieder schön.
 

Und ruft mich einst der liebe Gott, 
dann geht's dem Himmel zu,
dann spiel ich nur für Engelein
ohne Rast und Ruh.
Der Petrus lacht zum Tor hinaus
und brummt in seinen Bart:
Refrain:
Wenn der See so grünlich ist ...
 

Aber ebenso wenig geschäftstüchtig war Franz Winkler als Verleger wie bei seinen Plattenaufnahmen und Konzerten. Gutmütig kümmerte er sich wenig um seine Rechte und trat oft auch ohne Honorar auf. 
 

Wegen einer schweren Krankheit sang Franz Winkler 1961 zum letzten Mal. Er starb mit 56 Jahren am 8. Mai 1962 im Bregenzer Sanatorium Mehrerau.

Seine Kompositionen

Im Allgäu-Schwäbischen Musikarchiv Eglofs sind mit den  Ergänzungen anderer
Archive 107 eigene Kompositionen von Franz Winkler verzeichnet. Es sollen nach Angaben von Ingeborg Vogler etwa 120 gewesen sein. Die Firmen hätten die nicht gut verkäuflichen Titel wieder zerstört. Von 80 Titeln sind Tonaufzeichnungen vorhanden, davon 66 als Schellack-Platten. Diese stammen hauptsächlich aus der Sammlung Horst Willi Fröschl aus Radolfzell, der diese im Herbst 2006 an das Archiv übergeben hatte. Fröschl war schon früh ein Verehrer von Franz Winkler gewesen, hatte ihn auch in dessen Heim in Lochau aufgesucht und alle für ihn erreichbaren Titel gekauft. Nachdem er lange Jahre seine geliebten Platten wegen fehlendem Wiedergabegerät nicht mehr hatte abspielen können, wurden ihm noch kurz vor Weihnachten 2006 die auf CDs überspielten Lieder seiner Sammlung geschickt. Alle konnte er noch noch einmal anhören. Am 27.12. 2006 verstarb Horst Willi Fröschl überraschend.

Zu den Eigenkompositionen kommen 24 Interpretationen bei 40 Nennungen auf Schellackplatten von Volksliedern und Werken anderer Komponisten durch alle verschiedenen Winkler-Gruppierungen. Gleich drei Mal wurde Almenrausch und Edelweiß (von Röhricht) bei verschiedenen Plattenfirmen besungen, ebenso oft Das Lied vom "Goldenen Dachl" . Auch Mein schönes Innsbruck am grünen Inn gehört zu den meistverkauften Titeln, die in diesem Falle von den Geschwistern Winkler interpretiert wurden. Selbst O Tannenbaum und Stille Nacht, heilige Nacht gehörten mit zum Repertoire des Winkler-Terzetts.  

Etwas irritierend ist Winklers Bezeichnung "Volkslied", die bei vielen seiner Titel auf den Labels der Platten angegeben ist. Sie bezeichnet im heutigen, engeren Sinne eigentlich die volkstümliche Schlagermusik, die sich selbst wiederum, genau wie damals, in einer erweiterten Definition als Volkslied bezeichnet. Aber auch Friedrich Silcher trennte im 19. Jahrhundert seine Neuschöpfungen ebenso wenig von den Volksliedern. Schließlich waren beide Komponisten sicher, den Volkston zu treffen. 

Franz Winkler war eigentlich immer Heimatdichter, Komponist und Interpret in einer Person. Zunächst beziehen sich viele seiner Lieder auf die alte Heimat Tirol, auch später kommt er immer wieder darauf zurück: Tirol, Heimat der Berge - Achenseer JägermarschAlpenfrieden (1939) - Das Hüttl am Berg -  Der Jäger und die Sennerin - Die Holzerbuam - Du mein Tirolerland - Innsbruck, wunderschöne Alpenstadt - Juche Tirolerbuam - Land Tirol - Tirol, Heimat der Berge - Tiroler Jäger - Tiroler Schützenmarsch, Marschlied - Vom Unterland ins Zillertal - Weiß sein die Gletscher - Wo Berge hoch zum Himmel steigen.

Nach dem Kriege entstanden Texte und Lieder zur neuen Heimat um den Bodensee: Am blauen Bodensee - Am Fuß des Rhätikon - Am Lindauer Hafen - Am Ufer - Beim alten Stadttor am Ehregutaplatz (Bregenzerlied) - Das Schloss am See - Das Seedorf - Der grüne Pfänder - Der Wetterprophet: Ich kenn den blauen Bodensee - Die Fischerin vom Bodensee - Im schönen Donautal - Liechtenstein, Heimat mein - Lindau, du schöne Inselstadt - Mein Vorarlberg - Möwen fliegen - O Land am Bodensee - Rechts die Berge links der See (Bregenzerlied) - Schifflein am Bodensee - Sonntag am Bodensee - Städtchen am See - Vom Arlberg zum Bodensee. Doch hatte er noch immer auch seine alte Heimat nicht vergessen: Sehnsucht nach Tirol - Sehnsucht nach den Bergen. 

Manche seiner Lieder erscheinen zum Teil bereits in handschriftlichen Aufzeichnungen im Westallgäu verschiedener privater Liedersammler inmitten anderer bekannter Volkslieder: Die Fischerin vom Bodensee - Fliege mit mir in die Heimat (= Am Strande von Rio) - Tirol, Heimat der Berge - Innsbruck, du wunderschöne Alpenstadt - Alpenfrieden, wie schön bist du

Folgende der 107 komponierten und erhaltenen Titel waren die erfolgreichsten: 

 
      Das Franz-Winkler-Quartett um 1950 mit seiner Frau
      Ingeborg, an der Zither Vroni Stöckel aus Tirol, 
                         am Akkordeon Tochter Olga
Die Fischerin vom Bodensee (33)
Fliege mit mir in die Heimat
(21)
Tirol, du Heimat der Berge
(17)
Der Waldspecht
(12)
Mei Deandl 
(11)
Alpenfrieden
(10)
Sonntag am Bodensee
(10)
Am blauen Bodensee
(8)
Du mein Tirolerland
(8)
Das Dirndl vom Wald
(7)
Vom Arlberg zum Bodensee
(6)
Der Jäger und die Sennerin, Jodler
(5)
Sehnsucht nach den Bergen
(5)

(Zahl in Klammer: Nennungen im Archiv)

    

Bild rechts: 
Die "Fischerin vom Bodensee", Ingeborg Vogler, verw. Winkler, in Bregenz im Mai 2007

Quellen:  
Dr. Annemarie Bösch-Niederer, Musikarchiv Bregenz; Achim Fenner und Horst Willi Fröschl (+2006), beide Radolfzell; Nationalbibliothek Berlin, Volksmusik-Archiv Bruckmühl und Ingeborg Vogler, verw. Winkler, Bregenz; Rundfunksendung des ORF aus dem Tonarchiv (Franz Prock) der Gemeinde Sistrans mit Bildern - Karten: Google Maps

Musikarchiv des Geschichts- und Heimatvereins Eglofs, Wolfram Benz, Tel. 07566-1513, 
mit Musikmuseum Eglofs

    

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