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Montlivaltia obconica


Ellipsosmilia circumvelata
Durchmesser 7 cm, Gerhausen


Axosmilia sp.
Durchmesser 2,5 cm, Gerstetten


Epistreptophyllum commune
Durchmesser 3 cm, Gerhausen
 


Latyphyllia suevica


Enallhelia elegans


Convexastrea sexradiata


Microphyllia


Placophyllia dianthus


Axosmilia sp.  


Rhipidogyra sp.
 


Bauplan (schematisch) der Rugosa
(nach MÜLLER)


Bauplan der Heterocorallia
(nach MOORE)


Octocorallia


Hexacorallia

 Phänomene

Konvergenz und Divergenz - zwei biologische Phänomene auch bei Korallen
Werden Hai, Ichthyosaurus und Delphin von der äußeren Form her miteinander verglichen, so scheinen die äußeren Gemeinsamkeiten auf eine enge Verwandtschaft hinzuweisen. Der Hai gehört aber als Knorpelfisch zu einer Unterklasse der Knochenfische, der Ichthyosaurus zu den Reptilien und der Delphin gar zu den Säugern. Diese Erscheinung einer ähnlichen Form unterschiedlich strukturierter Lebewesen wird Konvergenz genannt. 

Trotz ähnlicher äußerer Form mit länglichem Kelchzentrum besitzen die vier abgebildeten großen Einzelkorallen verschiedene Innenstrukturen: Montlivaltia mit kompakten, gekörnelten oder berippten Septalflächen und regelmäßig gezähneltem Septalrand; Ellipsosmilia mit glattem Septalrand, kompakter, fast glatter Septalfläche und kräftiger Außenhülle (Epithek); Axosmilia unterscheidet sich von Ellipsosmilia durch eine kompakte Achse im Kelchzentrum. Diese drei gehören folglich verschiedenen Arten, aber derselben Unterordnung (Faviina) an. Epistreptophyllum besitzt unregelmäßig perforierte Septalflächen mit warzenförmigen Körnchen. Das Kelchzentrum ist schwammig, der Kelchrand scharf wie bei Ellipsosmilia. Damit gehört Epistreptophyllum sogar zu einer anderen Unterordnung (Fungiina). Solche Konvergenzen sind ebenfalls bei ästigen, massigen oder krustigen Formen festzustellen, weshalb die genauere Bestimmung nur über den inneren Bau weiterführt.

Andererseits entwickeln sich bei gleichen inneren Strukturen häufig verschiedene äußere Formen. Beispiel für diese Divergenz sei die Einzelkoralle Montlivaltia. Die Verjüngung als Folge von Nahrungsknappheit wurde schon beschrieben. Verkrümmungen durch Veränderung der Unterlage sind ebenfalls möglich. Die Namensfülle für die verschiedenen Einzelformen ist deshalb außerordentlich umfangreich. GEYER (1954) schätzte die Zahl der aufgestellten Arten dieser Gattung auf rd. 100, die verschiedenen Artnamen auf rd. 400. 

Es gibt bei den vielen Funden auch Ansätze zur Teilung der Einzelkoralle von der massigen Form bis zur völligen Trennung in eine ästige Variante. Latiphyllia suevica  wird heute diese gelappte Montlivaltiaform benannt. QUENSTEDT schrieb selbst dazu 1858: "Alle sind nichts als die faltige Entwicklung einer einfachen, großen, runden Zelle...Doch mag man sich von nun an eines neuen Namens suevica bedienen...Mir kommen diese Dinge alle wie leichte Naturspiele vor, ... die man nur in ihren allgemeinsten Zügen benennen sollte." LAMBELET stellt in seiner Dissertation 1968 fest, daß alles "ökologisch bedingte Abnormitäten" sind, "die nicht zur Aufstellung einer neuen Art, bzw. einer neuen Gattung berechtigen." Er unterscheidet nach der Septendicke nur die Unterarten Montlivaltia obconica subdispdispa und crassisepta. Die Problematik bleibt auch hier bei der Frage, wie weit es sich um äußere Einflüsse oder innere Strukturveränderungen handelt. 

Nun hat sich das Leben auf der Erde nach der Evolutionslehre aus Urformen immer weiter auseinanderentwickelt. Ähnliche Strukturen bei verschiedenen Korallenarten kann man sich so erklären, daß sie sich aus gemeinsamen Grundformen divergent entwickelt haben. So gehören zur Unterordnung Stylinina die ästige Art Enallhelia elegans und die massige Convexastrea sexradiata; sie sind daher sehr eng verwandt. Die Unterordnung Fungiina variiert noch stärker: in der gleichen Familie kommen von der Einzelkoralle Epistreptophyllum über die sehr seltene Viminohelia seminuda  zu Gyrodendron lobatum (=Latomeandra prolifera) alle Formen vor. Dazugestellt sei noch eine verwandte massige Art, Microphyllia.

Die weiteren Korallen der Abbildungen gehören zur Unterordnung Faviina. Daß Placophyllia dianthus mit der Axosmilia eng verwandt ist, erkennt man an der Zentralachse. Die seltenen Korallen der Unterordnung Rhipidogyrina werden hier durch eine riesige Rhipidogyra und die im schwäbischen Jura von LAUXMANN neu beschriebene Acanthogyra columnaris OGILVIE 1897 vertreten. 

Entwicklung der Jurakorallen bis heute
Die heutigen Korallen leben nun schon seit der mittleren Trias rund 210 Millionen Jahren in sehr ähnlichen Formen und Strukturen mit einer deutlichen Zunahme in der Jurazeit. Zur Kreidezeit entfalteten sich die Scleractinia bereits zu einer weiteren Blüte. Während die Ammoniten, Belemniten u.a. zum Ende der Kreidezeit ausstarben, konnten rund ein Drittel der Korallenarten überleben. Festzustellen ist dabei bis heute die Tendenz, die Wachstumsgeschwindigkeit der Polypare und Skelette zu vergrößern. Dies geschieht durch eine zunehmende Porosität der Septen und Wände. Andererseits ist eine Verkleinerung der Septen zu kleinen Dornen oder Leisten festzustellen mit einer Vermehrung der Hart- und Weichteile zwischen den Polyparen. So verschwanden die kompakten Korallen der Familie Rhipidogyridae  schon um die Mitte der Kreidezeit. Die Stylinidae mit ihren ebenfalls kompakten Septen wie die Montlivaltiidae (u.a.) starben zu Beginn des Tertiär aus. 

Warum die rugosen Korallen ausstarben
Wie das große Sauriersterben gibt es auf die Frage nach den Ursachen des Verschwindens der über 200 Millionen Jahre überaus erfolgreichen rugosen Korallen in der Erdgeschichte ebenfalls bisher kaum eine befriedigende Antwort. Der Faunenschnitt Ende des Perm vor rd. 230 Mill. Jahren räumte so gewaltig auf, daß keine dieser Rugosa ("Runzelkorallen" wegen ihrer runzeligen Außenhülle) übrigblieb. Erstaunlich ist aber, daß daneben die Octocorallia seit der Permzeit bis heute durchgehalten haben, von denen die rote Orgelkoralle am besten bekannt ist. Kann die innere Struktur, der Bauplan, vielleicht eine Antwort darauf geben?

Bei der Bildung der Skeletts einer einzelnen Koralle bildeten sich bei den Rugosa zunächst nacheinander achsensymmetrisch (bilateral) 6 Septen, die zu einer sechsstrahligen, radialen Symmetrie tendierten. Später aber änderte sich die Symmetrie wieder zu vier Räumen, die achsensymmetrisch angelegt wurden, weshalb die Rugosa auch Tetrakorallen genannt werden. Die Heterocorallia waren noch komplizierter im Septalapparat. Sie lebten nur im Unteren Karbon. Die Octocorallia sind dagegen, wie der Name sagt, achtstrahlig angelegt. Sie besitzen 8 gefiederte Tentakel, 8 Mesenterien und 8 Septen. Sie sind mit heute rund 2500 Arten genauso erfolgreich wie die Scleractinia, die auch wegen der Sechserzahl Hexacorallia genannt werden. 

Nun liegt schon sehr nahe, die komplizierte Skelettstruktur der Korallen für ihr Aussterben verantwortlich zu machen. Allerdings starben daneben mit den Rugosa auch die recht einfachen Tabulata aus, die "Bödenkorallen", die Septen nur im Ansatz als Dornen ausgebildet hatten. Doch besondere Strukturen und Symmetrien sind schwer an ihnen festzustellen. 

Harmonikale Forschungsergebnisse
Der reine Naturwissenschaftler wird an dieser Stelle mit einem Fragezeichen schließen, während der harmonikale Forscher weitergeht. Ihn beschäftigen gerade die mathematischen Zusammenhänge und ihre harmonischen Entsprechungen, die bei den Kristallen schon längst bekannt sind mit ihren ganzzahligen Proportionen und bei den Pflanzen mit ihren Blatt- und Blütenstellungen in vielen Publikationen beschrieben wurden. Die achtstrahlige Symmetrie der Octocorallia ist als Vielfaches der Grundproportion 2 zu 1 zu deuten. Sechsstrahlige Korallen mit den Septenzahlen 6, 12, 24 usw., wie sie bei den Jurakorallen auftreten, sind nichts anderes als Vielfache der Proportion 3 zu 1. Neben diesem rationalen Zahlenwert besitzen diese Proportionen auch eine offensichtliche harmonische Qualität. Musikalisch ausgedrückt sind die Achtstrahler Oktavklänge, die Sechsstrahler Quintklänge. Es scheint sich auch bei den Korallen zu zeigen, daß in unserer Welt die Tendenz besteht, aus dem Chaos heraus harmonische Ordnungen zu schaffen, die sich in einfacheren Proportionen stärker als andere komplizierte Strukturen durchzusetzen vermögen. 
 

 

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