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Acanthogyra columnaris OGILVIE  1897
 Kelchdurchmesser 3,6-6 mm
kugelförmig mit Durchmesser rd. 20 cm

 Blitzartig schießen bei Berührung mit den Tentakeln die Stilette aus den Nesselkapseln heraus, die durch einen Schlauch lähmendes Gift im Körper der Beutetiere freisetzen. Man rechnet deshalb die Korallen zum Unterstamm der Nesseltiere. Die Tentakeln befördern die gelähmte Beute zum Schlundrohr. Zwei Zellschichten mit einer gallertigen Zwischenlage bilden einen muskulösen Sack, der schlaff in sich zusammenfallen würde, wenn nicht der Polyp zur Stabilität einen Innendruck erzeugen würde. Dies geschieht durch kräftige Zilien (Wimpern) im Schlundrohr, die beim Schlagen in Richtung Körperinneres Wasser hineinpressen und so einen Druckkörper (Pneu) bilden. Das Schlundrohr würde durch den herrschenden Druck nach außen gestülpt, wenn es nicht von den Mesenterien gehalten würde. Dazu muß es, um den Druck zu erhalten, auch stets fast ganz geschlossen sein, was wiederum die Mesenterien bewirken, die das Schlundrohr flach zusammenziehen.

Montlivaltia obconica
Durchmesser 7,5 cm, Gerstetten
mit länglichem Kelchzentrum

Montlivaltia obconica crassisepta
Höhe 12 cm, Sammlung Quenstedt, Tübingen
mit "Verjüngungen"

Montlivaltia sp.
Höhe 12 cm, Nattheim
eine "siamesische" Variante


Der Trick mit den Algen
Die Kalkbildung hängt nun wieder sehr eng mit dem Kohlenstoffdioxid (CO2) zusammen. Viel CO2 in Wasser löst Kalk auf, wie das vom Regenwasser mit CO2 bekannt ist, das damit eine schwache Säure bildet. Tritt es bei Erwärmung wieder aus, so fällt der gelöste Kalk in fester Form wie im Wasserkessel aus. Dies geschah auch vor 150 Mill. Jahren im flachen Randbereich des Jurameeres. Das kühle Wasser des Helvetischen Meeres brachte genügend gelösten Kalk mit, der in den warmen Beckenzonen anorganisch wieder ausfiel und sich als Kalkschlamm am Boden absetzte.
 
 

Die "Steinernen Jungfrauen" im
Eselsburger Tal bei Herbrechtingen,
ausgewitterete Algen-Schwammriffe

 
Vom Leben der Korallen

Das Leben der Korallen bestimmt den Bau der Septen 
Lange Zeit hatte man Korallen für Pflanzen gehalten. Schließlich sitzen die gelb-braun-grünlichen Polypen auf Hartskeletten und können sich nicht fortbewegen. Erst 1723 vertrat der Franzose A. PEYSSONEL die Auffassung, daß diese Lebewesen den Tieren zuzurechnen sind. Sie gehören zu dem großen und artenreichen Stamm de Hohltiere, den Coelenterata (griech. "Höhle" - "Darm"). Damit kommt zum Ausdruck, daß die große Körperhöhle fast ausschließlich der Verdauung der Nahrung dient. Diese besteht aus rein tierischem Leben, zum Plankton zählende Kleinkrebse und wurmähnliche Tierchen.


Lebender Polyp und Kalkskelett

 Dann arbeitet es wie ein Ventil. Die Mesenterien müssen außerdem beim Hineinbefördern der Nahrungsbrocken verhindern, daß kein offener Zwischenraum entsteht. Die Nahrung wird so wie in einer Speiseröhre in den Verdauungsraum gepreßt, von wo aus die unverdaulichen Teile den gleichen Weg zurück nehmen müssen. 

Kalkstützen (Septen) werden am Fuße des Polypen zwischen einem Mesenterienpaar ausgeschieden. Nun wird erst klar, warum große Korallen viele Septen und ein längliches Kelchzentrum besitzen (s. Montlivaltia, Ellipsosmilia und Axosmilia). Bei den kleinen Polypen reichen sechs paarige "Schlundrohrhalterungen" (Mesenterien), um ein kleines Mundrohr öffnen und schließen zu können. Große Polypen benötigen ein Mehrfaches der sechs Doppelmesenterien, damit die große Öffnung zu einem Ventil flachgezogen werden kann und sich der Körper nicht durch den Innendruck wie ein Ballon aufbläht. 

Die Bedeutung des Kalkskeletts
Bei Gefahr durch einen Räuber kann sich der Polyp verhältnismäßig rasch zwischen die herausragenden Septen zurückziehen, wenn das Schlundrohr von den Mesenterien schnell geöffnet wird. Auch beim Trockenfallen von Riffteilen ziehen sich die Polypen zwischen die schützende Außenwand (Epithek) und Septen zurück.

Betrachtet man längere Zeiträume, so besitzen Korallenpolypen gerade mit diesem Skelett eine Möglichkeit der Ortsveränderung. Eine Korallentier wird durch schnellere Kalkaussscheidung besser dem Licht entgegenwachsen können als eine andere mit geringerem Kalkwachstum, wenn sich die Wassertiefe verändert (Meeresspiegelschwankung oder Verschiebung des Untergrunds). Bei schlechteren ökologischen Bedingungen verkleinert sich der lebende Polyp ganz einfach, und die kalkausscheidende Fläche nimmt ab. Sich verjüngende Formen bei Korallenskeletten haben darin die Ursache. 

Dünnästige Formen sind Beispiele für ein schnelles sich Ausbreiten bei optimalen Bedingungen in verschiedene Richtungen. Den Vorteil für ein schnelles Wachstum (heute bei einigen cm pro Jahr) müssen Korallen mit dem Risiko des Abbrechens "bezahlen", da hierbei auch die Septen sehr porös und locker mit wenig Material aufgebaut werden. Sie haben ihre besten Voraussetzungen in den ruhigen Zonen der Lagunen. Eine geschlechtliche Vermehrung würde dabei über die Entwicklung der Gonaden (Geschlechtszellen) und die freischwimmende Wimperlarve viel zu lange dauern. Deshalb teilen sich koloniale Formen bei optimalen Bedingungen ganz einfach und bilden somit ein Individuum mit mehreren ("siamesischen") Köpfen.

Die robusten Knollen- und Fladenformen können dagegen am Riffrand festerem Wellenschlag standhalten. Am erfolgreichsten hat sich bei den Jurakorallen im ruhigeren Wasser die kräftige, ästige Thecosmilia trichotoma durchgesetzt, die in der Häufigkeit rund 10 % von allen rund 140 Arten stellt.


Die Kalkbildung mit den Algen (nach SCHUHMACHER )

Nun leben ja im Riff sehr viele verschiedene Tiere beieinander, die alle beim Stoffwechsel CO2 ausscheiden. Gerade dadurch würde sich Kalk auflösen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Riffe erheben sich über anorganisch ausgefällte Kalkablagerungen. In ihnen muß demnach eine erhöhte Kalkausscheidung stattfinden. Der Begriff Schwammstotzen  oder Schwammriff ist irreführend, denn Schwämme als Tiere können keine Riffe allein aufbauen. So werden heute diese aufragenden Riffe besser Algen-Schwammriffe oder Schwamm-Stromatolith-Kalk genannt, womit deutlich wird, daß pflanzliche Lebewesen eine wichtige Rolle spielen. Sie "saugen" das CO2 ab, da sie es für ihren eigenen Stoffwechsel benötigen und liefern gleichzeitig den für Tiere lebensnotwendigen Sauerstoff. 

Der Korallenpolyp nützt diese Vorteile, indem er eine enge Verbindung mit den Algen eingeht. Er läßt sie direkt in seinen Zellen leben. Dies stellt die engste, mögliche Lebensgemeinschaft (Symbiose) dar. Die Algen versorgen ihre Hauswirte neben dem CO2- und O2-Austausch sogar mit Glycerin, Glucose und Aminsosäuren. Alte und wenig aktive Algenzellen werden vom Polypen einfach ausgestoßen. Auch bei verschlechterten ökologischen Bedingungen verlassen die Algen ihre "Behausung". Nun wird auch verständlich, warum Riffkorallen (hermatypisch) nur in den klaren, lichten Gewässern leben können, da ihre "Haus-Pflanzen" das Licht zur Assimilation benötigen. Die Kalkbildungsrate beträgt bei rezenten Korallen am Tage das Zehnfache gegenüber der Nacht. Tiefseekorallen (ahermatypisch) können im Dunkel ohne Zooxanthellen nur wenig Kalk bilden. 


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