Vom Leben der Korallen
Das Leben
der Korallen bestimmt den Bau der Septen
Lange Zeit hatte man Korallen für Pflanzen gehalten. Schließlich
sitzen die gelb-braun-grünlichen Polypen auf Hartskeletten und können
sich nicht fortbewegen. Erst 1723 vertrat der Franzose A. PEYSSONEL die
Auffassung, daß diese Lebewesen den Tieren zuzurechnen sind. Sie
gehören zu dem großen und artenreichen Stamm de Hohltiere, den
Coelenterata (griech. "Höhle" - "Darm"). Damit kommt zum Ausdruck,
daß die große Körperhöhle fast ausschließlich
der Verdauung der Nahrung dient. Diese besteht aus rein tierischem Leben,
zum Plankton zählende Kleinkrebse und wurmähnliche Tierchen.
Lebender Polyp und Kalkskelett
Dann arbeitet es wie ein Ventil. Die Mesenterien müssen außerdem
beim Hineinbefördern der Nahrungsbrocken verhindern, daß kein
offener Zwischenraum entsteht. Die Nahrung wird so wie in einer Speiseröhre
in den Verdauungsraum gepreßt, von wo aus die unverdaulichen Teile
den gleichen Weg zurück nehmen müssen.
Kalkstützen (Septen) werden am Fuße des Polypen zwischen
einem Mesenterienpaar ausgeschieden. Nun wird erst klar, warum große
Korallen viele Septen und ein längliches Kelchzentrum besitzen (s.
Montlivaltia, Ellipsosmilia und Axosmilia). Bei den kleinen Polypen reichen
sechs paarige "Schlundrohrhalterungen" (Mesenterien), um ein kleines Mundrohr
öffnen und schließen zu können. Große Polypen benötigen
ein Mehrfaches der sechs Doppelmesenterien, damit die große Öffnung
zu einem Ventil flachgezogen werden kann und sich der Körper nicht
durch den Innendruck wie ein Ballon aufbläht.
Die Bedeutung des Kalkskeletts
Bei Gefahr durch einen Räuber kann sich der Polyp verhältnismäßig
rasch zwischen die herausragenden Septen zurückziehen, wenn das Schlundrohr
von den Mesenterien schnell geöffnet wird. Auch beim Trockenfallen
von Riffteilen ziehen sich die Polypen zwischen die schützende Außenwand
(Epithek) und Septen zurück.
Betrachtet man längere Zeiträume, so besitzen Korallenpolypen
gerade mit diesem Skelett eine Möglichkeit der Ortsveränderung.
Eine Korallentier wird durch schnellere Kalkaussscheidung besser dem Licht
entgegenwachsen können als eine andere mit geringerem Kalkwachstum,
wenn sich die Wassertiefe verändert (Meeresspiegelschwankung oder
Verschiebung des Untergrunds). Bei schlechteren ökologischen Bedingungen
verkleinert sich der lebende Polyp ganz einfach, und die kalkausscheidende
Fläche nimmt ab. Sich verjüngende Formen bei Korallenskeletten
haben darin die Ursache.
Dünnästige Formen sind Beispiele für ein schnelles sich
Ausbreiten bei optimalen Bedingungen in verschiedene Richtungen. Den Vorteil
für ein schnelles Wachstum (heute bei einigen cm pro Jahr) müssen
Korallen mit dem Risiko des Abbrechens "bezahlen", da hierbei auch die
Septen sehr porös und locker mit wenig Material aufgebaut werden.
Sie haben ihre besten Voraussetzungen in den ruhigen Zonen der Lagunen.
Eine geschlechtliche Vermehrung würde dabei über die Entwicklung
der Gonaden (Geschlechtszellen) und die freischwimmende Wimperlarve viel
zu lange dauern. Deshalb teilen sich koloniale Formen bei optimalen Bedingungen
ganz einfach und bilden somit ein Individuum mit mehreren ("siamesischen")
Köpfen.
Die robusten Knollen- und Fladenformen können dagegen am Riffrand
festerem Wellenschlag standhalten. Am erfolgreichsten hat sich bei den
Jurakorallen im ruhigeren Wasser die kräftige, ästige Thecosmilia
trichotoma durchgesetzt, die in der Häufigkeit rund 10 % von allen
rund 140 Arten stellt.
Die Kalkbildung mit den Algen (nach SCHUHMACHER )
Nun leben ja im Riff sehr viele verschiedene Tiere beieinander, die
alle beim Stoffwechsel CO2 ausscheiden. Gerade dadurch würde sich
Kalk auflösen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Riffe erheben sich
über anorganisch ausgefällte Kalkablagerungen. In ihnen muß
demnach eine erhöhte Kalkausscheidung stattfinden. Der Begriff Schwammstotzen
oder Schwammriff ist irreführend, denn Schwämme als Tiere können
keine Riffe allein aufbauen. So werden heute diese aufragenden Riffe besser
Algen-Schwammriffe oder Schwamm-Stromatolith-Kalk genannt, womit deutlich
wird, daß pflanzliche Lebewesen eine wichtige Rolle spielen. Sie
"saugen" das CO2 ab, da sie es für ihren eigenen Stoffwechsel benötigen
und liefern gleichzeitig den für Tiere lebensnotwendigen Sauerstoff.
Der Korallenpolyp nützt diese Vorteile, indem er eine enge Verbindung
mit den Algen eingeht. Er läßt sie direkt in seinen Zellen leben.
Dies stellt die engste, mögliche Lebensgemeinschaft (Symbiose) dar.
Die Algen versorgen ihre Hauswirte neben dem CO2- und O2-Austausch sogar
mit Glycerin, Glucose und Aminsosäuren. Alte und wenig aktive Algenzellen
werden vom Polypen einfach ausgestoßen. Auch bei verschlechterten
ökologischen Bedingungen verlassen die Algen ihre "Behausung". Nun
wird auch verständlich, warum Riffkorallen (hermatypisch) nur in den
klaren, lichten Gewässern leben können, da ihre "Haus-Pflanzen"
das Licht zur Assimilation benötigen. Die Kalkbildungsrate beträgt
bei rezenten Korallen am Tage das Zehnfache gegenüber der Nacht. Tiefseekorallen
(ahermatypisch) können im Dunkel ohne Zooxanthellen nur wenig Kalk
bilden.
|