Schwäbische Zeitung, Montag, 26. Februar 2007                                                               Von Susi Weber
  
Gerichtstag in Eglofs
Allgäuer Heimatpflege sprengt Grenzen
EGLOFS - Gerichtstag in Eglofs heißt Witz und Allgäuer Mentalität, die Pflege von Brauchtum, das Wiederbeleben von Privilegien und der Wunsch, das Allgäu „hened und dened“ der Argen, also Württemberg und Bayern, zu vereinen. Der Erinnerung ist auch in der siebten Auflage des Gerichtstages originell Rechnung getragen worden. Wie gewohnt in deftiger Allgäuer Manier.

Der äußere Rahmen passte von vorneherein: ein ausverkaufter Dorfstadel, Kässpatzen und Starkbier, urige Musik von und mit der Lindenberger Huigartenmusik, geballte Politprominenz aus Ländle und Freistaat und erneut gut aufgelegte Akteure rund um Geschichts- und Heimatvereins-Vorsitzenden Karl Stiefenhofer, die auch in diesem Jahr kein Blatt vor den Mund nahmen.

        
         
              Auftakt (Manuel Kulmus und André Rauch)
Auf die „Rechte der Feien von Eglofs“, 1282 von der Stadt Lindau erhalten, geht der Gerichtstag zurück. Er soll an das Privileg der Rechtsprechung erinnern. Durch die napoleonische Neuordnung Europas teilte sich auch das Allgäu in bayrisches und württembergisches Terrain, einhergehend mit entsprechenden Verwaltungsreformen. Der Allgäuer blieb jedoch Allgäuer, sagte Karl Stiefenhofer in seinem Ausflug in die Vergangenheit: „Vermutlich aus diesem Grund heraus entstand Ende des 19. Jahrhunderts die grenzüberschreitende Allgäuer Heimatpflege.“ Mit dem Gerichtstag wolle man die Bemühungen um ein Europa der Regionen im Kleinen fortsetzen: „Heute wollen wir die Grenzen überschreiten.“          
                                 Karl Stiefenhofer
Dass bei dieser „Grenzüberschreitung“ auch der Allgäuer Humor nicht fehlt, versteht sich von selbst. Zunächst aber stand die Verleihung des Westallgäuer Heimatpreises an Leo Hiemer und Klaus Gietinger auf dem Programm (siehe auch „Nachgefragt“).

Die Dinge haben Zeit
Georg Seeßlen, ein Weggefährte Hiemers, war es, der die Laudatio sprach. Sympathische, querköpfige, leidenschaftliche, politisch hellwache und aufklärerische Filme hätten die beiden Regisseure gemacht, betonte Seeßlen, Filme, die ihren eigenen Stil hatten und in denen die Dinge Zeit hatten, sich zu entwickeln: „Das wiederum ist eine allgäuerische Tugend.“ Als Dank für die Auszeichnung überreichte Leo Hiemer seine Arbeit „Das Vorgehen der Allgäuer Bauern im Bauernkrieg“ an Karl Stiefenhofer und zeigte auch sonst Humor: „I muss sage, des isch wie beim Oscar.“

Zum Austragungsort des Westallgäutags 2007 wurde Weiler gewählt. Anschließend trafen sich „Bürgermeister und Michel“ (Karl-Heinz Marx und Gebhard Maurus) in der Amtsstube zum Feierabend-Hock. Über „Pöstle“ wurde dabei debattiert, den Lindauer Hafen und den Löwen, die „feine Gesellschaft“ und die Maria Thanner Feuerwehr-Drehleiter.

Auch Europakommissar Epimachus Luimgraber (Karl Milz) hatte im nächsten Teil des Abends manch Interessantes im Gepäck und bat um Gehör für seine Angelegenheiten. Witzig waren Luimgrabers Erzählungen allemal, egal, angefangen vom Treffen der Bürgermeister bis hin zur Diskussion um Westallgäufahne oder der Einrichtung eines Wachsfigurenkabinetts.

Das Volk beschwert sich

Als Höhepunkt des Abends tagte dann das Gericht unter Ammann Karl Stiefenhofer und den Beisitzern Georg Wagner, Angela Fessler und Karl Milz. Das Volk konnte wie in jedem Jahr seine Beschwerden vortragen und nicht eingelöste Urteile aus den vergangenen Gerichtstagen zu bemängeln. Der Kiesabbau auf Hergatzer Gemarkung kam dabei ebenso zur Sprache wie der von vielen Seiten gewünschte Radweg von Eglofs nach Wangen und das von Wangens OB Michael Lang begangene Vergehen, die Schuld der einmal jährlich zu erfolgenden Einladung der auswärtigen Einkäufer zum Fidelisbäck noch immer nicht in die Tat umgesetzt zu haben. Vorbeugend habe man aber nun einen großen, gebührenfreien Parkplatz für alle Westallgäuer gebaut, parierte Wangens Stadtoberhaupt und überhaupt wäre er gerne bereit, im Sommer auf dem Postplatz den Film „Daheim sterbet d’ Leut“ laufen zu lassen: „Umsonst - für alle Westallgäuer.“ Dem Lindenberger Bürgermeister und Gemeinderat wurde ob ihres Vergehens, auf dem Friedhof keine Engelfiguren mehr zuzulassen auferlegt, den Friedhof zu kehren und dabei den „Engel des Herrn“ zu beten. Auch über das Aussehen einer zukünftigen Allgäufahne wurde nochmals diskutiert. „Mit den Fahnenjungfern wird es vielleicht noch schwieriger als mit der Gestaltung der Fahne“, mutmaßte Amman Stiefenhofer. Bewerbungen von „hened und dened“ sind auf alle Fälle jetzt schon herzlich gern gesehen.

         
                            Laudator Georg Seeßlen

    
     Die Preisträger: Klaus Gietinger und Leo Hiemer

   
   "D'Huigartemusik aus Lindenberg"

   

"Bürgermeister und Michel"
(Karl-Heinz Marx und Gebhard Maurus

  


  

 Das "Hohe Gericht" mit
"Ammann" Karl Stiefenhofer,
Georg Wagner, Angela Fessler
und Karl Milz.
OB Lang aus Wangen bei
seiner Verteidigung

alle Bilder: privat