Das Klima seit 500 Millionen
Jahren
Das Eiszeitalter, das die verschiedenen Glaziale der letzten zwei Millionen
Jahre umfaßt, war also von wechselnden Warm- und Kaltzeiten geprägt.
In der vorausgegangenen Tertiärzeit (ab 65 Mio. Jahren) hatten die
Korallen dagegen wesentlich bessere und beständigere Lebensbedingungen.
Die Temperaturen waren durchschnittlich höher und erst gegen Ende,
gegen das Pleisto- zän, langsam abgesunken. Im vorausgegangenen Erdmittelalter
(Mesozoikum von rd. 230 - 65 Mill. Jahren) lagen die Tem- peraturen durchschnittlich
niedriger. Bei unserem Blick noch
weiter zurück in die Erdgeschichte (s. Abb. 2) erkennen wir, daß
es schon in den letzten 500 Millionen Jahren ein Eiszeitalter mit Kalt-
und Warmzeiten gegeben hatte und zwar zwischen dem Erdaltertum (Paläozoikum)
und dem Erdmittelalter
(Mesozoikum), zwischen Perm und der Trias. Die feineren Differenzierungen
der Klimaschwankungen, die jeweils wenig erforscht sind, können
immer weniger in der Darstellung berücksichtigt werden. Die "Zacken"
erscheinen geglättet und zeigen nur den wichtigsten Klimatrend.
Korallen sind uns mit ihren Kalkskeletten erst seit knapp 500 Millionen
Jahren bekannt. Aus diesem Grunde lassen Korallen- riffe auch Aussagen
über Klimaschwankungen erst seit dieser
Zeit zu. Mit ihrer Hilfe können ebenfalls die Wanderungen der
Kontinente im Laufe der Erdgeschichte im Zusammenhang mit anderen geologischen
Nachweisen rekonstruiert werden.
Werden nun die Populationszahlen in ihrer Zu- oder Abnahme in einer
Kurve dargestellt, so ist eine weitere Korrelation mit der relativen Temperaturentwicklung
auf der Erde erkennbar.
Ein erster Höhepunkt der Korallen war vor etwa 400 Millionen Jahren
in der Zeit des Silur ( = Gotlandium), als das Klima allgemein warm und
feucht war wie schon im Ordovizium, als die Korallen die Meere zu besiedeln
begannen, wie das aus ihren zum Teil recht gut erhaltenen Kalkskeletten
ersichtlich ist. Nicht von ungefähr gibt die schwedische Insel Gotland
in der Ostsee mit den vielen Korallen auch dieser Zeit einen weiteren geologischen
Namen.
Im Devon, das in Deutschland in den Mittelgebirgen von Eifel, Hunsrück
und im Rheinischen Schiefergebirge zutage tritt, erlebten die Korallen,
die "Blumentiere", ihre erste Blütezeit. Die Funde sind teilweise
gut erhalten, ihre Bestimmung ist allerdings recht schwierig, da hierfür
vor allem bei den verschiedenen Einzelkorallen Querschnitte und Schliffe
angefertigt werden müssen. Und welcher Korallensammler opfert für
diese Prozedur seine schönen Exemplare?
Auffallend ist, daß das Aussterben der Bodenkorallen (Tabulata)
und Runzelkorallen (Rugosa) mit diesem deutlichen Temperaturrückgang
am Ende der Permzeit verbunden ist. Auch die Trilobiten verschwanden in
dieser Zeit aus den Weltmeeren. Die Paläontologen verzeichnen ein
ungeheures Artensterben in der gesamten Pflanzen- und Tierwelt. Über
die Hälfte der damals existierenden Tierarten ist damals zugrunde
gegangen, ein Einschnitt in Flora und Fauna, wie er sich seither nicht
mehr ereignet hat.
Betrachten wir einmal die Verhältnisse zur Jurazeit genauer, dann
ist der Temperaturanstieg damals mit einer Zunahme von Korallenarten verbunden.
Ein Temperaturanstieg bedeutet ein Abschmelzen der Eismassen auf den Kontinenten
und gleich- zeitig einen Meeresspiegelanstieg. Dieser begünstigt die
Evolution der Korallenarten, da neue Lebensräume, die vom Meerwasser
überfluteten Teile des Festlandes, besiedelt werden können. Der
globale Meeresspiegel lag vor etwa 150 Millionen Jahren um rund 140 m
höher als heute und schwankte, obwohl alles Eis als Wasser in den
Meeren aufgenommen war. Damit kommt eine weitere Komponente ins Spiel.
Auch die Größe der ozeanischen Becken veränderte sich im
Zusammenhang mit der Verschiebung der Kontinente.
Es muss dabei festgehalten werden, dass mit einer Zunahme von Korallen
auch die Kalk- ausfällung stärker wird. Korallen- polypen scheiden
ja verstärkt Kalk aus in ihrem Zusammenleben mit den lichtliebenden
Algen. Das CO2 "saugen" die Algen über die Korallentiere sozusagen
aus der Lufthülle der Erde. Kalkgebirge und -ablagerungen der Meere
(CaCO3) sind damit nichts anderes als aus der Lufthülle konserviertes
CO2. Wenn aber Trübungen des Meerwassers durch Sand- und Toneinschwemmungen
das Korallenleben dezimieren, fehlt dieser Faktor der CO2-Absaugung. Dies
geschah gegen Ende der Jurazeit durch eine verstärkte Erdkrustenbewegung,
welche die Meere mehr als zuvor eintrübte. Die Temperaturen
stiegen. Die Anhänger der Hypothese einer Klimakatastrophe infolge
einer Überhitzung der Erdatmosphäre durch den Treibhauseffekt
des CO2 schlossen auch hier aus der CO2-Zunahme auf einen hohen Zusammenhang
des Kohlen- dioxidgasgehalts der Luft und ihrer Temperatur.
Wir erkennen einen zweiten Rückgang der Korallengattungen - und
damit auch der Arten - zwischen Kreide und Tertiär, den die Geologen
wiederum auch zur Trennung zwischen
Erdmittelalter (Mesozoikum) und Erdneuzeit (Känozoikum) benutzen.
Sehr ähnlich verhalten sich dabei die Zahlen der Bryozoen (Moostierchen),
der Stachelhäuter (Echiniden), Knorpelfische und anderer Tierstämme,
während die Ammo- niten, Belemniten, Rudisten und Inoceramen (Muschelarten)
und auch alle Saurier ausstarben.
Wäre aber der Faunenschnitt, das Aussterben vieler Tierarten und
-gattungen, allein vom Klima abhängig, so könnte er damit nicht
erklärt werden. Sonst hätte unsere letzte Eiszeit seit etwa 1-2
Millionen Jahren einen ähnlichen Einschnitt in der Tier- und Pflanzenwelt
auslösen können, wie auch ihr Niedergang von der Kreide- zur
Tertiärzeit bei relativ gutem Klima erfolgte. Die
Hypothesen um das spektakuläre Sauriersterben beinhalten deshalb
weitere Argumente: die "Vergiftungshypothese" durch Ausstoßprodukte
von Vulkanen, kosmische Einflüsse durch
Meteoriten, Umpolungen des Erdmagnetismus u.a.. Der Zusammenhang dieses
Massensterbens mit dem Einschlag eines Riesenmeteoriten und seinen umwälzenden
Folgen für die Zusammensetzung von Luft und Wasser ist allerdings
eher wahrscheinlich.
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