Die Naturtöne - oder: von der Mathematik in der Musik

Was hier sehr mathematisch erscheint, war bei den Musikern und Philosophen Griechenlands von Pythagoras oder Plato über die Musiktheoretiker Roms und das Mittelalter hinweg, über Johannes Kepler und Hans Kayser ein fundamentales  Grundwissen: der wunderbare Zusammenhang von Mathematik und den Klängen in der Musik, die uns harmonisch erscheinen. Studieninstrument war dabei das Monochord, eigentlich ein einsaitiges Instrument, das zur deutlicheren Demonstration speziell für unser Musikmuseum mit mehren Saiten von der Musikwerkstatt Markt Wald angefertigt wurde.

Alle Bläser kennen das Phänomen: ohne Ventile lassen sich bei Blechblasinstrumenten nur bestimmte Töne, die "Naturtöne", blasen, meist nur C, g, c, e, g ... (s.o., wobei der tiefe Grundton kaum angeblasen werden kann). Eine Blockflöte "überbläst" nur in der Oktave, eine Klarinette die Quint über der Oktave. Woher kommt das?

Am Monochord kann zunächst aufgezeigt werden, dass bei einer Verkürzung der Saitenlänge auf die Hälfte die fast gleich klingende Oktave ertönt. Physikalisch bedeutet das eine Verdoppelung der Schwingungszahl (Frequenz = Schwingungen je Sekunde). Man spricht dabei vom ersten Ober- oder Naturton. Verkürzt man die Ursprungssaite auf ein Drittel, so erklingt die Quinte, der 2. Oberton, die wiederum sehr gut mit dem Grundton zusammen klingt. Die Frequenz  beträgt das Dreifache. Bei einem Viertel der Saite erklingt wieder - die Hälfte der Oktave - der Grundton in der nächsten Oktave. Bei einem Fünftel erklingt die Terz über der Oktave, bei 1/6 - was wieder die Hälfte von 1/3 ist - ist wieder ein hohes g'' zu hören.

Verdoppelt man eine Saite, so ertönt die nächste tiefere Oktave. Wenn man statt 1/5 der Saite - eine Terz zum Grundton - 2/5 greift, hört man den eine Oktave tieferen Ton der hohen Terz. 

Übersicht
  
Saitenlänge 1 1/2 1/3 1/4 1/5 1/6
Schwingungszahl 1 2 3 4 5 6
als Ton

c

c' g' c'' e'' g''
Intervall 1/2 = Oktav,  2/3 = Quint,  3/4 = Quart,   4/5 = Gr. Terz ,    5/6 kl. Terz 

Oktave, Quinte, Quarte (g zu c), die große oder kleine Terz klingen mit dem Grundton zusammen harmonisch oder "konsonant". In den Röhren der Blasinstrumente schwingt bei den Naturtönen die Luftsäule ganzzahlig in den gleichen Verhältnissen wie bei den Saiteninstrumenten. Treten andere dazwischenliegende Saitenlängen auf, z.B. 1/7, so klingt dieser Ton dissonant im Zusammenklang mit dem Grundton. Bei den Blasinstrumenten wird dies durch Verlängern oder Verkürzen der Luftröhre mit Ventilen und durch Verschließen oder Öffnen der Löcher bei Holzblasinstrumenten erreicht .

Mit diesen Verhältnissen der ersten unserer ganzen Zahlen zueinander befasst sich die harmonikale Forschung weit über die Musik hinaus und berührt sich hier mit den ganzzahligen Proportionen bei den Kristallen. So lässt sich auch der Ausspruch erklären, Kristalle seien "gefrorene Musik". Diese Zahlenverhältnisse mit ihren harmonischen Entsprechungen erscheinen in der weiteren, auch organischen Natur bis hin zu den Planetenbahnen. Sie  werden uns allerdings nur selten bewusst, wenn wir in der Malerei oder Architektur, in den Blüten der Pflanzen, in den Kristallen oder draußen im Weltall etwas schön oder harmonisch finden.

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