Trommel und Pfeife
36 000 Jahre alte Flöte; Abb. 1
Außer
als Soloinstrument erscheint vom 13. Jh. an die Einhandflöte, eine
Blockflöte, zusammen mit der stockgeschlagenen Trommel. Die Trommel
hing, damit die linke Hand frei zum Spielen des Blasinstruments war,
außer den anderen Befestigungsarten oft auch noch an einer um die linke
Hand bzw. den Kleinfinger gelegten Schnur. Diese
Flöten-Trommel-Kombination, also die Verbindung eines Melodie- und
Rhythmusinstruments, war anscheinend noch beliebter als die Soloflöte
oder die Trommel allein, wie die zahlreichen bildlichen Darstellungen
und literarischen Belege erweisen, und sie wurde bei Tanz, Hochzeiten,
von Hirten und sogar im Heerwesen benutzt.
Ton:
"Ausseer Hochzeitsmarsch", Schwegel und Trommel,
Altausseer Seitelpfeifer, auf der Tyrolis Cassette Nr. 15377

Trommler und Pfeifer aus der Holzschnittfolge "Soldatenzug" v.
Niklas Stoer
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Eines der ältesten
Musikinstrumente im schwäbischen Bereich ist diese aus einem
Höckerschwanenknochen geschnitzte Flöte.
Sie ist rund 36 000 Jahre alt und stammt aus der Geißenklösterlehöhle
bei Blaubeuren. Solche Quer- und Längsflöten (=Blockflöten) waren und
sind bis heute in fast allen Kulturen der Erde verbreitet.

Einhandflöte mit Trommel,
(Ausschnitt)
Wolfegg um 1480, Abb. 2
Die Querpfeife, SchwegeIpfeife, in Österreich
auch Seitenpfeife genannt,
wurde dazu vorzugsweise in den Militärkapellen mit Trommeln – zuerst
von den Schweizern - zusammen gespielt. So wurde in einem Münchner Prozess
(um 1545) vom Allgäuer Hans von Syrgenstein (bei Eglofs) berichtet, der
sich mit seinen Kriegsmannen anscheinend nicht gerade musterhaft aufgeführt
hatte: "Als am vierten Tag der Wirt den Wein verweigerte, erwischte
er ihn am Kopf, stieß ihm ... fünf Löcher ... (und) ... kam mit
Trommeln und Pfeifen an die Trinkstuben, um dort Mummenschanz aufzuführen."

Schwegelpfeifen, Nachbildungen
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1465 und 1487 waren in Luzern schon
"zwe pfifer v. Isne", also zwei Pfeifer aus Isny, aufgetreten. Zu
den fahrenden Musikanten der damaligen Zeit gehörten auch die gesuchten
Bläser aus den schwäbischen Städten, die ihrerseits für rege
internationale Kontakte sorgten. Andererseits wird 1620 im
Ratsprotokoll von Isny berichtet, dass "ungefähr 100 Knaben mit 'Trummen
und Pfeifen' in der Stadt herumzogen, bevor sie auf den Rain
marschierten." Waren das Fremde oder Einheimische?
Diese klappenlose Schwegelpfeife lebt heute noch in den verschiedenen Spielmannszügen
fort und beginnt, sich in der einfachen Volksmusik wieder bemerkbar zu
machen, während die Querflöte als
Konzertinstrument eine weitere Entwicklung erfuhr.
Einhandflöte mit Trommel,
gespielt 2001 in Eglofs von Gruppe aus Sevilla
Eine weitere Variante
aus mittelalterlicher Zeit demonstriert Christof Kautzsch aus
Buxheim. Die fahrenden Spielleute wussten damals auf den Märkten
das Publikum mit zusätzlichem Marionettenspiel zu unterhalten.
Über die dünne Schnur am Knie, die fest gegenüber verbunden
ist, werden die Puppen im Takt zur Musik zum Tanzen gebracht.
Quellen
Salmen, Walter: Reiseziele schwäbischer
Musikanten im späten Mittelalter - Stützle, Margret: 150 Jahre
Stadtkapelle Isny/Allgäu, Festschrift 1982
Abb. 1: s. Kendel S. 9 - Abb. 2: Mittelalterliches Hausbuch,
Fürstliches Archiv Wolfegg - Abb. 3: MGG Bd. 13, S. 746, (c) Bärenreiter-Verlag
1986
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Erstaunlich, dass
die Tradition von Einhandflöte und Trommel doch nicht in ganz
Europa abgebrochen ist. Beim Volksmusikabend 2001 gastierte eine
Tanz- und Musikgruppe aus Sevilla im "Stillen Winkel" in Eglofs und
führte vor, wie zur Pfingstwallfahrt nach Rocio in Andalusien
diese Instrumente noch immer in einer außerordentlich kunstvollen
Art und Weise gespielt werden.
Ton aus:
Martines, Carlos:
"El Tamborilero", Montilla, ES

Chr. Kautzsch in Markt Wald 2001
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