Vom Monochord zur Zither 
 



        Das Monochord, Abb. 1



        Das Scheitholz, Abb.2
  
 

Ton: "Dr' Roseler" Walzer", Schraudolf/Kern)

Diese Scherrzither kann durchaus als ein besonderes Allgäuer Instrument angesehen werden. Über Max Schraudolf in Oberstdorf und Michael Bredl in Hindelang wird diese alte Tradition heute besonders von Hartmut Brandt aus Sonthofen weitergeführt. 

Auch in der Stubenmusik Kerber aus Oberstaufen hat sie ihren Platz. Früher schon, wie die Belegstücke in den Museen beweisen, und auch heute ist an die Stelle der kleineren Scherrzither vielfach das Raffele getreten, eine Zithervariante aus dem benachbarten Tiroler Raum mit seinen gleichmäßigeren Ausbuchtungen am Resonanzkasten.

Statt zwei gleichgestimmten Saiten werden beim Raffele drei verschieden gestimmte (A A D) mit einem Plektron aus Holz oder Horn angeschlagen, was ein dreistimmiges Spiel erlaubt. Die Bünde sind chromatisch angelegt, d.h., dass alle Halbtöne gespielt werden können. Das Instrument ruht auf den Knien und wird dort mit einem Lederriemen befestigt, der mit dem Fuß zu spannen ist.

Werden die Melodiesaiten (seit etwa 1830) mit einem Daumenring angeschlagen, spricht man von der Schlagzither.  

Bei den Griechen (Pythagoras) kannte man das Monochord, bei dem eine Saite über einen rechteckigen, hölzernen Resonanzkasten gespannt ist. Mit mehr Saiten spricht man vom Scheitholz, das im Mittelalter und später noch ebenfalls zu den Lumpeninstrumenten gerechnet und mit den Fingern gezupft wurde. Eine interessante Nebenentwicklung führte zum gestrichenen Trumscheit, der "Marien-" oder  "Nonnentrompete."

Durch Verdoppelung der Melodiesaiten kommt man zur zunächst noch rechteckigen Form der Scherrzither, auch Kratzzither genannt, da die Saiten nun von der rechten Hand mit einem Federkiel oder Fischbein tremoloartig hin und her angeschlagen wurden (scharren, kratzen). Wunderschöne Belegstücke sind in den Museen in Oberstdorf, Sonthofen, Oberstaufen und Weiler aufbewahrt und erzählen von der hohen Zeit im Allgäu, wo sie um 1850 herum in den Bauernstuben und Sennhütten noch zum Tanze und Unterhaltung gespielt wurden. Es gibt dabei viele Varianten mit mehr oder weniger Ausbuchtung am Resonanzkasten. 



Eine Scherr- oder Kratzzither, bei der die Begleitsaiten als Borduntöne 
nur frei mitschwingen, die Finger der linken Hand drücken die
Melodiesaiten zum zweistimmigen Spiel -
im Westallgäuer Heimatmuseum Weiler




Eine  seltene Sonderform, ähnlich der Schweizer 'Glarner Zither',
wird mit Schlagring am Daumen gespielt, der die Melodiesaiten
anschlägt (Bünde noch diatonisch mit Ganz- und Halbtönen).
Die weiteren Finger der rechten Hand zupfen Bass- und Nachlagsaiten
- im Westallgäuer Heimatmuseum Weiler




Zither, einem Raffele ähnlich, erbaut von Zimmermeister 
Joh. Ochsenreiter, Weiler, um 1900

Diese Entwicklung zur größeren Konzertzither mit immer mehr Begleitsaiten ging Ende des 18. Jahrhunderts von Salzburg und Mittenwald aus. Die vielen Noten in unserem Raum belegen die Beliebtheit der Zither nicht nur bei den Oberbayern. Schließlich war Bayernherzog Max um 1850 ein begeisterter Zitherspieler und schrieb selbst hübsche Musikstücke. Kaum eine Stubenmusikgruppe verzichtet heute auf dieses Volks- und Konzertinstrument 

Ton: Menuett, 2 Zithern + Gitarre, Eglofstaler Fehla, 1995

Sonderformen



Akkordzither, Grundtyp, Abb.3

Bei der Klavierzither sind die Akkord- und Melodiesaiten quer übereinander gespannt wie bei einem Klavier. Damit wird viel Platz gespart und mehr Saiten können aufgezogen werden.

In der Abteilung der mechanischen Musikinstrumente im  Museum in der Eselmühle in Wangen ist eine mechanische Spielvorrichtung dieser Akkordzither zu besichtigen und anzuhören. 

Die Nähe zum Hackbrett und zum Psalterium, gezupfte Saiten auf einem kastenförmigen Korpus, ist erkennbar bei der Möglichkeit, die Saiten nicht zu zupfen, sondern zu streichen wie bei den klassischen Streichinstrumenten. Das ist einmal bei der Violinzither der Fall, einer Form der Akkordzithern, bei der die Einzelsaiten mit der Melodie von der Seite mit einem etwas kürzeren Geigenbogen gestrichen werden. Die Begleitakkorde mit dem Bass werden weiterhin gezupft oder arpeggierend mit den Fingern "gestrichen".

Streichzither, Abb. 4

Schließlich - neben vielen anderen Varianten - sei eine weiter im Allgäu gespielte Form aufgeführt, die herzförmige Streichzither. Sie wurde von dem Österreicher Johann Petzmayer 1832 erfunden. 

Die Akkordzither gilt als Grundtyp einer Zitherform, bei der für Laien das Spiel mit Melodie und Begleitakkorden erleichtert werden sollte. Ihre Blütezeit war um  1900. Bei diesen Formen hatte jeder Ton seine Saite und brauchte nur noch - oft durch untergelegte Blätter sichtbar - mit der rechten Hand angezupft oder angestrichen werden. Bass- und Akkordsaiten liegen direkt beieinander und können mit der linken Hand nacheinander oder miteinander angezupft  werden.

        

Klavierzither

Akkordzither mit mechanischer Abspielvorrichtung,
Museum in der Eselmühle, Wangen

Violinzither

Wie die Streichzither gespielt wurde, Abb. 5

Mit König Max förderte er später die Verbreitung der Zithern besonders in Bayern. Mit König Max wurde das vormalige Volksmusikinstrument gewissermaßen salon- und hoffähig.

Viele dieser Formen wurden noch bis zum 2. Weltkrieg hergestellt. Grammophon und Radio aber verdrängten schließlich diese besondere Art der Musikinstrumente.

Besondere Quellen neben den Standardwerken
Bredl, Michael: Die Scherrzither, ein altes Allgäuer Volksinstrument - Or Au1 6
Bredl, Michael: Die Scherrzither, ein altes Allgäuer Volksinstrument in: Jahrb. des Österr. Volksliedwerkes, Wien - Or In1 10
Bubenik, Peter J.: Vom bestechenden Charme der Akkordzithern in: Neue Musikzeitung, Con Brio Verlag, 1994/3 - Or Au2 22
Brandt, Hartmut: Zum Raffeln und Kratzen, Heft 2. Arbeitsgemeinschaft Schwäbischer Volkstumsgruppen, Kempten 1997 - Na Ar 128
Brandt, Hartmut; Wisskirchen, Uli: Zum Raffeln und Kratzen, Heft 1, Einführung in das Spiel auf dem chromatischen Raffele, 2002 Arbeitsgemeinschaft Schwäbischer Volkstumsgruppen, Kempten, 2. Aufl. 2002 - na ar 164
Kern, Martin: Max Schraudolph zum 80. Geburtstag. In: Sänger- und Musikantenzeitung, München - Ze SM 1998/3
Mühlemann, Lorenz: Die grosse Familie der Zithern, ein dokumentarisches Bilderbuch, Mühlirad, Zürich 1993 - Bu Ar 61
Schmid, Christian: Über die Spielweise der Glarner Zither in: Singt und spielt, Schweizer Blätter für klingende Volkskunde, Zürich
1999 - Ze SP 1999/4/5
Seefelder u.a.: Die Zither (mehrere Aufsätze). In: Sänger- und Musikantenzeitung, München  2001/6 - Ze SM

Bildnachweis
 Abb. 1 + 2 in: Brandt, Hartmut: Zum Raffeln und Kratzen, Heft 1 - Abb. 3, 4 + 5 in: Mühlemann, Lorenz: Die grosse Familie der Zithern