Aus dem musikalischen Leben der Städte
Die Leute warfen ihnen dann die "Singete" hinaus, Essen, Kleidungsstücke, manchmal auch Geld. Auch der Orgelmeister Hans Buchner von Ravensburg, der spätere Musikdirektor von Biberach J.F. Knecht und später der weltberühmte Tenor Karl Erb aus Ravensburg erhielten dort ihre musikalische Ausbildung.
Die wenigen, vom Rat genehmigten "Geiger", "Pfeifer" und "Lautenschlager" hatten mit Hilfe besonderer Gesellen und dem Lehrer aus den Lateinschulen dafür zu sorgen, dass Musik bei städtischen Feiern, Fürstenbesuchen oder Ratszusammenkünften erklang. Schon früh hatten sich in den Städten Süddeutschlands auch die Handwerksmeister zu Singschulen vereinigt, in denen die Sangeskunst schulmäßig betrieben wurde. Eine solche Meistersingergesellschaft entstand 1620 in Memmingen, vielleicht auf Anregung eines aus Nürnberg stammenden Knabenschulmeisters. Am Fest des Kirchenheiligen versammelten sich die Meister in der Dreikönigskapelle zum Haupt-, Kron- oder Kreuzsingen und sangen um Meisterruhm und Ehrenpreis. Neben diesem Meistergesang pflegte man aber auch die dramatische Dichtung. Eigene verfasste Dramen wurden aufgeführt, aber auch solche von Shakespeares "Hamlet" bis Schillers "Räuber". Zu den Meistersingern gehörten mit wenigen Ausnahmen die Handwerker wie Sattler, Tuchmacher, Küfer usw.. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts hielt die Gesellschaft, so gut es ging, an die Satzungen der alten Meister fest, und man nahm keinen in ihre Reihen auf, der nicht schulgerecht singen konnte. Von da an traten sie nur noch als Leichensänger auf, indem sie bis 1864 in schwarzen Mänteln und Schiffshüten die Leichenzüge begleiteten. 1875 wurde in die Gesellschaft als jüngstes Mitglied Friedrich Hummel aufgenommen, der 1922 als der letzte deutsche Meistersinger starb. Das Tanzvergnügen
gönnte sich die gehobene Bürgerschaft, die Patrizier, allerdings auch.
Man pflegte in den Ratsälen der Stadt zu tanzen, wobei aber die
gemeinen Bürger ausgeschlossen blieben. Die Vertreter der Zünfte gingen
dem Tanzvergnügen in ihren Trinkstuben und Wirtshäusern nach. Doch auch
die Tagelöhner, Mägde, Dienstboten und Bettler ließen sich das Hüpfen,
Schieben und Drehen nach einfacher Musik von Geigen, Flöten, Trommeln und Pfeifen auf Gassen und Plätzen nicht entgehen, so wie es im Augsburger Lied von den drei fahrenden Musikanten heißt:
"Der erste war ein Geigerlein, der strich die Töne schön und rein: da
wollten alle tanzen. - Der zweite schlug das Tamburin, man hört's durch
alle Gassen hin, das klang so schön im Ganzen. - Der dritte schlug die
Laute fein und sang dazu ein Liedelein, das war ein lustig
Klingen"... Wie es in diesem Lied weiter heißt, hatte der
Rat der Stadt etwas gegen dieses freie Musizieren und Tanzen, so dass in
den Städten immer wieder Verbote gegen die vagierenden Spielleute
erlassen wurden. Anscheinend - was die vielen Verbote beweisen -
waren aber Musik und Tanz stärker.
Auch von Chr. D. Schubart und Zumsteg, den Vertretern der Schwäbischen Liederschule, sind Beispiele zu finden. Nur ein Volkslied ist vertreten: "So herzig wie mein Liesele" (="Wenn alle Brünnlein fließen"). Im 19. Jahrhundert und bis nach dem 2. Weltkrieg waren es dann in erster Linie die sich formierenden Gesang- und Musikvereine, die sich um die Ausbildung ihres Nachwuchses kümmerten. Durch den allgemeinen Militärdienst, bei dem das Musikwesen stets einen hohen Rang einnahm, erhielten die Musikkapellen eine weitere Verstärkung und Anregung durch die ehemaligen Militärmusiker. Schließlich reichte dort das Musikprogramm weit über den Marsch hinaus in anspruchsvollere Konzertliteratur. Das Städteorchester Wangen - Isny - Leutkirch (Ausschnitt) Die heutige hohe Musikkultur in Stadt und Land wird seit dem 2. Weltkrieg von den städtischen Musikschulen mit geprägt, deren Wirkungsbereich sich weit auf das Umland ausdehnt. Finanziell wird diese hervorragende kulturelle Arbeit von den Eltern, Kommunen und vom Land Baden-Württemberg getragen. Von dieser intensiven musikalischen Ausbildung von Stimmen und Instrumentalisten lebt auch die Arbeit in den Musik-, Singgruppen und Chören der Region. |