Karl Erb (1877-1958)

Karl Erb 1931 |
Karl Erb wurde am 13. Juli 1877 in Ravensburg
geboren, wo er unter ärmlichsten Verhältnissen aufwuchs und sich als Sängerknabe
("Partimsbub") das erste Honorar verdiente. Verständnisvolle Lehrer halfen ihm, zunächst die Beamtenlaufbahn
einzuschlagen. Er wurde hauptberuflicher Kassier des Ravenburger Gas- und
Wasserwerks, bis eines Tages seine Stimme als Chor-Tenor bei einem Gastspiel der Stuttgarter Oper in Ravensburg mit
Cavalleria rusticana am 14. Januar 1907 entdeckt wurde. Schon am 14. Juni des gleichen Jahres
konnte er in Stuttgart erfolgreich im Evangelimann
debutieren. Eine sängerische Ausbildung hatte er nicht
genossen und lehnte es auch in Zukunft ab, Gesangunterricht zu nehmen.
Um so erstaunlicher war die vollendete Technik seines Singens. Der
Wohlklang blieb bis ins höchste Alter hinein erhalten. |
Ton: "Nacht und Träume"
(Schumann), Karl Erb, 1957
Erbs Wunsch, sich erst an einem kleineren Theater bewähren zu
können, wurde von der Stuttgarter Intendanz 1908 stattgegeben. Er
erhielt Urlaub nach Lübeck, wo er sein Repertoir bedeutend
erweiterte und sich auch mit Wilhelm Furtwängler anfreundete. 1910
kehrte er gereift nach Stuttgart zurück. Bald bot ihm München
auf Grund eines glänzend verlaufenen Gastspiels als Lohengrin einen Vertrag an, der 1913 zu einer
festen Bindung an das dortige Institut führte. Unter
der Leitung von Bruno Walter sang Erb dann nicht nur so gut wie alle
Fächer des lyrischen und des jugendlichen Heldenfachs, auch den
Seltenheiten und Kostbarkeiten des Spielplans lieh er die werbende
Kraft seines Künstlertums, z.B. Glucks Iphigenie in Aulis, Webers Euryanthe und Wolfs Corregidor.
Während eines Liederabends
1939
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Schließlich fand er den Weg zu Mozart, dessen Bühnengestalten er in unvergleichlicher Weise zu interpretieren
wusste. 1914 war Erb der erste Parsifal in München, 1916
gestaltete er die Rolle des
Palestrina
in Pfitzners gleichnamiger Oper, ein Höhepunkt im Münchner
Musikleben und in Karl Erbs künstlerischer Entwicklung.
Längst hatte er sich auch als Lieder- und Oratoriensänger
einen Namen gemacht; seine Schubert-Interpretation gilt als
unerreichbar und hat sich wie sein Evangelist in den Bach'schen
Passionen europäischen Ruf errungen. Er sang diesen Part in
der Matthäus-Passion angeblich 370 mal.
Worte höchster Anerkennung für ihn fanden u.a. Romain Rolland und Thomas Mann.
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Auch
für die Musik der Zeitgenossen, z.B. Joseph Haas, setzte sich Karl
Erb unermüdlich und verständnisvoll ein. 1925 wurde der
Vertrag mit Erb vom Münchner Nationaltheater, dessen Leitung an
Stelle von Bruno Walter Hans Knappertsbusch übernommen hatte,
nicht mehr erneuert. Im Juni 1930 sang er zum letzten Mal in der Oper,
und zwar in Berlin-Charlottenburg unter Furtwängler den Florestan im Fidelio. Seit dieser Zeit widmete er seine Kunst ganz dem Lied- und
Oratoriengesang.
Karl Erb 1957,
achzigjährig
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Zuletzt wirkte er von Ravensburg aus, wohin er heimgekehrt
war, noch lange mit einer erstaunlichen Ausdrucksfähigkeit. So ist im
"Münchner Merkur" 1950 über ihn zu lesen: "In ungebrochener
Spannkraft ist er der alte Magier geblieben, ... ein Stimmzauberer von
vollendeter Musikalität und mit einer Aussprache, bei der jedes Wort
verständlich ist." Er starb am 13. Juli 1958 in seinem Geburtsort Ravensburg.
Quellen
nach MGG Bd. 03, S. 1463 ff. (c) Bärenreiter-Verlag
1986
Literatur: M. Müller-Gögler, Karl Erb, das Leben eines Sängers, Offenburg 1948; Frieda
Stühmke, Der Sänger des Palestrina in Musica XI, 1957, 388-390.
Eitel, Peter: "..er singt, als ob er aus sphärischen Höhen schaute" Karl Erb
(2 Bilder und Zitate)
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