Jacob Reiner (Rainer) (vor 1560-1606)

Jacob Reiner, geb. vor 1560 in Altdorf b. Weingarten, erhielt als Knabe Unterricht im Kloster Weingarten unter den Äbten Gerwik Blarer (1520-1567) und Johann Hablitzel (1567-1575). Seine Lehrzeit in München als des »excellentissimi musici Orlandi di Lasso olim discipulus« fällt in die Jahre 1574/75. Nach seiner Ausbildung wirkte er als hochgeschätzter Musiklehrer, Kapellmeister und Komponist zeitlebens im Kloster Weingarten, ohne seinen weltlichen Stand aufzugeben. Nach dem Tode der ersten Frau verehelichte er sich am 6. Aug. 1601 mit Johanna Windt aus Sigmaringen. Dieser Ehe entstammen eine Tochter Anna Maria und sein Sohn Ambrosius, der Kapellmeister am Innsbrucker Hof und privater Musiklehrer der Kaiserein wurde. Er starb 1606 im Kloster Weingarten.

Reiner zählt mit L. Lechner und J. Eccard zur deutschen Lasso-Schule im engeren Sinne. Als Hauskomponist des Klosters Weingarten, das als Brennpunkt oberschwäbischer Kultur auch Beziehungen zu J. de Kerle und Orlando di Lasso unterhielt, hinterließ er fast ausschließlich geistliche Werke von handwerklich gediegener Faktur, die über seine Wirkungsstätte hinaus Verbreitung fanden und den Einfluss seines Lehrers sowie der venezianischen Schule, jedoch keinen ausgeprägten individuellen Stil erkennen lassen. Doch auch seine weltlichen Lieder sind bemerkenswert:

Daraus ist das bekannteste Lied, das in verschiedensten Sammlungen auftaucht:

In einer Textvariante, später an anderer Stelle aufgezeichnet, eine sehr ähnliche Fassung: 

1. Den liebsten Buhlen, den ich han, 
der liegt beim Wirt im Keller. 
Er hat ein hölzern Röcklein an 
und heißt: Der Muskateller.
Er hat mich nächtens trunken gmacht
und fröhlich heut den ganzen Tag: Gott geb ihm heut ein gute Nacht
2. Von diesen Buhlen, den ich han,
will ich dir bald was bringen.
Er ist der allerbeste Wein, 
mach lustig mich zu singen.
Frischt mir das Blut, mach freien Mut;
alls durch sein Kraft und Eigenschaft:
Nun grüß dich Gott, mein Rebensaft

Werke. A. Drucke: Soweit feststellbar, hat Reiner sämtl. Widmungen im Kloster Weingarten u. mit Ausnahme der posthum ersch. Messen (1608) mit dem Erscheinungsjahr unterzeichnet. Liber cantionum sacrarum 5 u. 6 v., München 1579, A. Berg (Widmung an Abt Joh. Christoph Raitner v. Weingarten); Schöne newe teutsche Lieder m. 4 u. 5 St., sambt 2... lat. Liedlein, ebda. 1581 (Widmung an Erbtruchseß Jakob v. Waldburg-Wolfegg-Waldsee); Cantionum piarum septem Psalmi poenitentiales 3 v.... 6 mutetae, ebda. 1586 (Widmung an Abt, Prior u. Konvent des Klosters Weingarten); Christliche Gsge., teutsche Ps. 3 v., Dillingen 1589, J. Mayer (Widmung an Abt Ludwig Mangold v. Schussenried); Selectae piaequae cantiones 6-10 v., München 1591, A. Berg (Widmung an Kardinal Andreas v. Österreich); Cantica sive mutetae ex sacris desumptae ad 4 et 5 v...., Magnificat, Konstanz 1595, L. Straub (Widmung an Johannes Schellenberg); Lib. mottetarum sive cantionum sacrarum 6 et 8 v., München 1600, N. Henricus (Widmung an Georg Fugger); Lib. motetarum sive cantionum sacrarum 6 v., Dillingen 1603, A. Meltzer (Widmung an Christoph v. Neuburg), spätere Ausg. ebda. 1606; Sacrarum missarum 6 v., lib. 1, ebda. 1604 (Widmung an Abt Christophorus Spieß des Klosters Ochsenhausen); Gloriosissimae virginis... Magnificat 8 v. Antiphona, Salve Regina, Ffm. 1604, N. Stein (Widmung an Abt Georg Wegelin v. Weingarten); Missae tres cum Litaniis de SS. sanguine Christi 8 v., lib. 1, Dillingen 1604, A. Meltzer (Widmung an Bischof Jacob Fugger v. Konstanz); Missae aliquot sacrae cum officio B. M. V. et Antiphonis ejusdem 3 et 4 v., ebda. 1608 (Widmung an Abt Christophorus Schussenried); nach Eitner Bg 4 geistl. Gsge. in Swkn. v. 1591 bis 1609; außerdem Gsge. in Bicinia sacra, hrsg. v. F. Lindner, Nürnberg 1591, Gerlach, u. in Jubilus Bethlehemiticus, Augsburg 1628, Ledertz (Boetticher, Anm. 53). Weitere, jedoch nicht nachweisbare u. zweifelhafte Drucke v. 1593, 1600 sowie Nachdr. v. 1604, 1605 führen Fétis bzw. Becker an (vgl. O. Dressler).

B. Mss. Über 100 fast durchwegs lat. geistl. Gsge., die z. T. Drucken entstammen, weisen EitnerQ u. Krießmann (s. Lit.) in Bibl. zu Augsburg, Bln., Breslau, Danzig, Königsberg, Liegnitz, München u. Regensburg nach; hinzu kommen Lüneburg u. Sigmaringen (Hartmann, E. F. Schmid, s. Lit.). - Über verschollene, anderwärts nachweisbare oder unbekannte Werke, wie die drei 5st. Passionen nach Markus, Lukas u. Johannes, vgl. Krießmann; K. G. Fellerer, Ein Musikalien-Inventar... Freising aus dem 17. Jh. in AfMw VI, 1924, 471ff.; W. Senn, Aus dem Kulturleben... Hall in Tirol, Innsbruck-Wien, München 1938, Tyrolia, 683; W. Jerger, Ein Musikalieninventar aus dem Jahre 1661 im Kat. v.St. Urban in Mf IX, 1956, 279; E. F. Schmid (s. Lit.).

Quellen
(Werke zitiert nach MGG Bd. 11, S. 194 ff, Bärenreiter, 1986) -
Seifriz, Erno

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