Werner Specht  (*1942)

Ton: "Huimat", von Werner Specht auf CD: "Zwielicht", 1999

Werner Specht ist geborener Lindenberger. Ernst Vogt schreibt über ihn: Das Außergewöhnliche an seinem Kunstschaffen ist, dass sich bei ihm Malerei und Musik gleichsam wie ein Mobile die Waage halten, gegenseitig beflügeln und anstoßen. So verwundert es nicht, dass sich seine schöpferischen Phasen abwechseln, dass er sich tage- oder wochenlang ausschließlich auf der Leinwand verwirklicht, um dann zum Komponieren und Musizieren zurückzukehren. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Noch einem neuen Buch folgt in der Regel eine Compactdisc. Nacheinander entstanden die Bücher "Wie schön, ein Jahr zu spüren" (3. Auflage 1999), "Sehnsucht nach dem Winter", "Wenn die Zeit träumt" und "Am Fenster geht ein Jahr vorbei". 
  
     

 
Winterabendstimmung in einem Bild 
von Werner Specht

Das musikalische Gegengewicht bilden zwei Langspielplatten und acht CDs mit jeweils eigenem Profil: von "Momente" über "as goht a Luft" bis "Walzer Leabe", von "kumm hui" über "Zwielicht" und "Zwischen den Jahren" (zusammen mit Hartmut Brandt) bis "Bergwind". 200 selbstkomponierte Lieder gehören zum Repertoire des Westallgäuer Songpoeten. 

Dabei hat seine musikalische Laufbahn als Begründer der Band "Baccaras" begonnen, mit der er zwei Jahrzehnte lang in seiner Wochenendfreizeit aufspielte. 

Der legendäre Ruf der "Baccaras" reicht bis in die Gegenwart, und nicht selten wird Werner Specht nach einem Liederabend von älteren Semestern anerkennend, aber meist etwas wehmütig auf seine musikalische Vergangenheit angesprochen. Im Alter von 15 Jahren hat er ernsthaft mit dem Musizieren begonnen, mit Gitarrenspielen sich dann sein Studium finanziert und die regelmäßigen Rückfahrten am Wochenende von München noch Lindenberg.

Werner Specht folgt seinem künstlerischen Instinkt, als er Anfang der achtziger Jahre, nach erfolgreichen Auftritten in Musikrichtung Folkmusik, Lieder im Westallgäuer Dialekt singt. Er erhielt 1982 den Sieben-Schwaben-Preis bei einem Wettbewerb der "Augsburger Allgemeinen" mit dem Titel "Gschwätzt, gschpielt und gschriebe". Dabei wurde der Dialekt als Medium der Kultur hoffähig gemacht, und so kam Werner Specht aus dem Westallgäu heraus und wurde durch zahlreiche Auftritte im Bayerischen Rundfunk einer breiten Öffentlichkeit bekannt. 

Für manche Liedermacher ist die Mundart eine "Masche". Für Werner Specht ist die Sprache seiner Westallgäuer "Huimat" vorrangig. In wenigen Zeilen hat er sie besser charakterisiert als andere mit hochgestochenen Worten: "Jn dir isch mi Vatr, in dir isch mi Muttr do bi i dahui." 

So wie er als Maler sowohl den feinen Pinselstrich beherrscht als auch mit der Spachtel umzugehen versteht, so ist er in seinen Liedern ein Meister der feinen Ironie, der sanften Balladen, aber auch einer, der mit treffenden Pointen das Publikum zu Beifallsstürmen hinreißen kann. Einmal wirkt er eher beschaulich und melancholisch, dann wieder witzig und pointenreich. Wer sich fallen lässt, wird in seinen Konzerten aus der Monotonie des Alltags herausgerissen.

Die besondere Musik des Westallgäuer Liedermachers, von manchen "Volksmusik auf neuen Wegen" genannt, ist aus dem ganzen Allgäu nicht mehr wegzudenken. In Peter Zürn (Hackbrett, Gitarre, Akkordeon, Maultrommel) hat Werner Specht, der selbst ein halbes Dutzend Instrumente (Gitarre, Zither, Mundharmonika, Banjo, Ukulele, Bouzouki) spielt, einen kongenialen Partner gefunden, der seit Jahrzehnten an seiner Seite ist.

Verstärkt wird die Gruppe durch seinen Sohn Marcus Specht (Vibraphon, Glachter, Steel Drum) und Heiner Merk (Bass, Klavier). Ganz gleich, in welcher Besetzung gespielt wird, der Faszination dieser ureigenen weiterentwickelten Volksmusik kann sich kaum jemand entziehen. 

Werner Spechts gründliche Analyse über das Da-sein enthält trotz Frohsinn und Versöhnlichkeit immer einen Hauch von Melancholie, die nachdenklich macht. Dem Vordergründigen gibt er offenen und versteckten Witz und begegnet den lässlichen Sünden mit lächelndem Verstehen. 


Er schafft unablässig Neues. Einige seiner Klassiker müssen aber immer wieder gespielt werden, denn diese Lieder haben trotz der Schnelllebigkeit der Zeit nichts von ihrem Zauber verloren.

Am liebsten spielen Werner Specht und seine Gruppe in Wirtshäusern. Dort, wo Jung und Alt hingehen, sowohl die Liebhaber bodenständiger und zeitgemäßer Volksmusik als auch solche, die nie den Weg zu einer Kleinkunstbühne finden würden. Wenn bei diesem Publikum - zwischen acht und achtzig Jahre alt - der Funke überspringt und die Leute am Ende sagen: "Es hot mir taugt", dann weiß der Künstler, dass er sie erreicht hat. 


Diese Musik wirkt im Wohnzimmer vor einer fünfköpfigen Zuhörerschaft genauso wie auf einer großen Bühne vor 5000 Menschen. Kaum zu glauben, dass Werner Specht und Gruppe schon als Vorgruppe von Konstantin Wecker und Chris de Burgh aufgetreten sind. Es gab gemeinsame Auftritte mit Fredl Fesl, Zither-Mand, Reinhard Mey, Wolfgang Ambros, Georges Moustaki und Klaus Hoffmann. Das Zusammentreffen mit den letztgenannten Künstlern war nicht nur wegen der traumhaften Kulisse von Kloster Banz im Landkreis Lichtenfels vor 15 000 Zuschauern denkwürdig, sondern auch wegen der Verleihung des Songpoetenpreises bei dieser Veranstaltung des Bayerischen Rundfunks; die Gruppe Specht erhielt den Hauptpreis in einem Feld von 90 Bewerbern. 

Nach verschiedenen Rundfunksendungen folgten Fernsehauftritte in der "Abendschau" und "Zwischen Spessart und Karwendel" des Bayerischen Rundfunks sowie im "Sprungbrettl" des Süddeutschen Rundfunks, um nur einige zu nennen. Die Heimat des Lindenberger Liedermachers aber sind die Bühnen von Immenstadt bis Egg in Vorarlberg, von Wangen bis Gestratz, von Untrasried bis Niedersonthofen, von Wasserburg am Bodensee über Kempten und Mindelheim bis Schwabmünchen.

Auswahl hat er für seine Liederabende genug bei 200 selbstverfassten und komponierten Liedern. Selbst wenn er gelegentlich auf großen Bühnen und im Fernsehen im Rampenlicht steht, ist er das geblieben, was er immer war: "dr Werner".


Hinter seiner Kunst schimmert ein Stück Lebensphilosophie durch, man könnte es auch seine bewusste Art zu leben nennen: "J mecht jedn Dag so leaba, wia wenn's dia letscht Schtund wär."

Text gekürzt nach: Vogt, Ernst, Leiter der Bergsteiger- und Schwabenredaktion des Bayerischen Rundfunks, Beitrag zu Werner Spechts 60. Geburtstag, 2002.

| Musik im Allgäu - Startseite | zum Museum | © W. Benz |